Wie wird ein Motor gesteuert?
VON Robert Schumann Allgemein Auto Zubehör
Bei Inspektionen fällt vielen Autobesitzern häufig ein merkwürdiger Posten auf, welcher zwar teuer bezahlt werden muss, von dessen Wirkung man aber nichts bemerkt. Das ist beim Wechsel des berühmten Zahnriemens oft der Fall. Je nach Fahrzeug ist der vorsorgliche Austausch dieses immanent wichtigen Bauteils äusserst aufwendig. Dies kann selbst dazu führen, dass der Motor komplett aus dem Wagen gehoben werden muss. Alles, was man als Kunde hinterher sieht, ist ein Gummigurt, welcher zumeist noch völlig in Ordnung aussieht. Aber wie schon angedeutet: Bei der Funktion des Zahnriemens verstehen Motoren keinen Spass.
Grob gesagt, verbindet der Zahnriemen die Kurbelwelle mit der Nockenwelle. An der Kurbelwelle sind die auf- und absausenden Kolben verschraubt. Die Nockenwelle dient zum Öffnen und Schliessen der Ventile. Das Zusammenspiel zwischen Kolben- und Ventilbewegung muss bis auf die hundertstel Sekunde genau abgestimmt sein. Sonst läuft ein Motor schlecht oder eben überhaupt nicht. Fatal wird es, wenn ein Kolben sich aufwärts bewegt, das Ventil aber weit offen steht und sich nicht schliesst. Die Ventile des Zylinderkopfes ragen weit in den Brennraum hinein. Der Kolben schlägt in diesem Fall hart auf das Ventil auf, was beide Bauteile in der Regel nachhaltig zerstört. Dies ist das typische Schadensbild eines gerissenen Zahnriemens oder einer gerissenen Steuerkette.
Der Zahnriemen besteht aus einem sehr reissfesten Glasfaserstrang, welcher mit Gummi ummantelt wird. Übliche Laufleistungen dieser Bauteile sind ca. 100’000 km. Die Wechselintervalle zu vernachlässigen ist geradezu fahrlässig. Die fest in der Wartung der Fahrzeuge vorgeschriebene Wechselmassnahme steht preislich in keinem Verhältnis zum Schaden, welchen ein Zahnriemenriss zur Folge hat. Häufig ist der gesamte Motor unwiederbringlich zerstört und muss ausgetauscht werden. Aber auch das Wechseln eines Ventils und eines beschädigten Kolbens ist nicht unter mehreren Tausend Franken zu haben.
Man kann sich natürlich fragen, warum für diese Aufgabe keine dauerfeste Lösung verwendet wird. Die heute einzige breit verwendete Alternative zum Zahnriemen ist die besagte Steuerkette. Diese ist – theoretisch – wartungsfrei und soll ein Autoleben lang halten. Tatsächlich hat sich in jüngster Vergangenheit aber auch hier gezeigt, dass die Ideen der Entwickler massgeblich von der Fertigungsqualität der Zulieferer abhängig sind. Einige Premium-Marken hatten durch schadhafte Steuerketten teure Rückrufaktionen durchführen müssen.
Im Motorradbau wurden eine Zeitlang weitere Konzepte getestet. Die Königswelle ist dafür ein Beispiel. Es handelt sich dabei um eine stehende Welle, welche an beiden Enden mit einem Zahnrad ausgestattet ist. Diese greifen in ebenfalls angeflanschte Zahnräder an Kurbel- und Nockenwellen. Das technisch einfache Prinzip ist für schwache Zweitaktmotoren durchaus tauglich. Bei grösseren Motoren sind die anliegenden Torsionskräfte für eine solche Welle jedoch zu stark, um dieses Prinzip wirtschaftlich einsetzen zu können.
Eine weitere Idee war die Stirnrad-Steuerung. Hierbei wurden mehrere Zahnräder zu einem Getriebe verbunden, welche das Drehmoment von der Kurbelwelle zur Nockenwelle übertragen sollte. Ebenfalls technisch sehr einfach und standfest gehalten, ist das Stirnrad-Getriebe jedoch aufgrund seines Platzbedarfes für moderne Motoren nicht tauglich.
Der Zahnriemen feierte sein Debüt beim heute vergessenen Autohersteller Glas. Der mit dem Goggomobil erfolgreich gewordene Autobauer baute dieses Steuerprinzip erstmals in seine neue Generation von Kompaktfahrzeugen ein. Von der Konkurrenz wurde das Prinzip damals kaum beachtet. Die Vorteile des Zahnriemens sind aber so immens, dass er sich inzwischen weltweit durchgesetzt hat.
Bei preiswerten Gebrauchtwagen älterer Bauart können sich mutige Hobbyschrauber durchaus selbst am Wechsel eines Zahnriemens versuchen. Zu bedenken ist jedoch, dass dieser Wartungsschritt keinen zweiten Versuch erlaubt. Leider werden im Automobilbau keine „Freiläufer“ mehr verbaut. Dies waren Motoren, welche zwischen Ventil und Kolben stets genügend Abstand hatten. Doch der dazu notwendige Raum wird heute für die zusätzliche Verdichtung benötigt. Das letzte Auto, welches einen Freiläufer-Motor hatte, war der Opel Kadett E.
Die Reparatur muss strengstens nach Vorschrift durchgeführt werden. Dazu gehört auch das händische Durchdrehen des Motors bei ausgebauten Zündkerzen. Solange der Motor nicht gestartet wird, können Fehler noch beseitigt werden. Ist der Zündschlüssel bei einem falsch montierten Zahnriemen einmal herumgedreht, ist die Beschädigung des Motors unausweichlich.
Auch ist es mit dem Wechsel des Zahnriemens in der Regel nicht getan. Man sollte sich auf jeden Fall den zugehörigen Wartungsplan besorgen. Häufig werden neben dem Zahnriemen auch die Spannrolle und die Wasserpumpe gewechselt. Letztere wird bei vielen Fahrzeugen ebenfalls mit dem Zahnriemen angetrieben. Da dieses Bauteil beim vorgeschriebenen Wechsel recht einfach zu erreichen ist, stellt ihr Wechsel keine besondere Herausforderung dar.
Oberstes Bild: Der Zahnriemen verbindet die Kurbelwelle mit der Nockenwelle. (© Maksim Vivtsaruk / Shutterstock.com)