Festpreisversicherung für KFZ – ein Konzept für die Zukunft?
VON Meik Peters Allgemein Auto
Einzelne Automobilhersteller wagen über ihren gekoppelten Finanzdienst nun die Herausforderung, die Versicherung zu einem Festpreis anzubieten und ihren Kunden hierdurch finanzielle Sicherheit zu bieten. Das Konzept, unabhängig von Schäden auf eine feste Versicherungsprämie zu vertrauen, könnte zum Vorbild für die tarifliche Abrechnung der Zukunft werden.
Mit einem Festpreis für den Versicherungsschutz wird das etablierte Prinzip der Schadenfreiheitsklassen umgangen, das in der Schweiz, Deutschland und vielen weiteren Nationen zum Einsatz kommt. Die Jahresprämie für die Autoversicherung wird hierbei mit einem Faktor verrechnet, der mit wachsender Zahl schadensfreier Jahre sinkt und hierdurch die Jahresprämie vergünstigt. Kommt es zu Unfällen oder Schäden, bei denen die KFZ-Versicherung Leistungen erbringen muss, erfolgt eine Hochstufung der Schadenfreiheitsklasse und die Verteuerung der Prämien. Dieses Prinzip auszusetzen und stattdessen einen festen Preis zu garantieren, wirkt daher zunächst kontraproduktiv, zumal die Automobilhersteller in den Beitragshöhen bewusst niedrig ansetzen.
Preisgarantie oft nur in den ersten Jahren gegeben
Aus verständlichen Gründen bieten heute einzelne Automobilhersteller und ihre kooperierenden Versicherungen nicht jedermann die KFZ-Versicherung zu fixen Konditionen an. Für die meisten Kunden bleibt die gewohnte Preisgestaltung gegeben. In erster Linie richtet sich das Angebot an Käufer von Neuwagen, wobei der Versicherungsschutz zum Festpreis über die ersten Jahre geboten wird.
Die KFZ-Hersteller gehen davon aus, dass Käufer mit einem Neuwagen besonders pfleglich umgehen und in Verkehrssituationen weniger Risikobereitschaft zeigen, wodurch die Wahrscheinlichkeit eines Schadens sinkt. Bei Kaskoversicherungen ist ein zusätzlicher Schutz von Neuwagen ebenfalls etabliert, beispielsweise durch Abstellen in einer Garage oder auf einem geschützten Stellplatz. Die Wahrscheinlichkeit, Leistungen erbringen zu müssen, sinkt hierdurch und macht den Abschluss der Versicherung zum Festpreis für beide Seiten rentabel.
Potenzielle Inklusion über den Kaufpreis denkbar
Da die genannten Vergünstigungen bei der Versicherung vorrangig für Neuwagen gewährt werden, darf im Einzelfall auch mit einer einfachen Kostenverschiebung vom Versicherungsschutz hin zum Kaufpreis gerechnet werden. Bei neuen Derivaten eines Herstellers besteht keine Vergleichsmöglichkeit, ob der ausgegebene Neupreis angemessen ist. Grundsätzlich könnten die Automobilhersteller geringe Einnahmen im Versicherungsschutz durch einen höheren Kaufpreis des Fahrzeugs auffangen, ein Teil der Jahresprämien würde versteckt beim Fahrzeugerwerb bezahlt. Ein solches Prinzip rechnet sich für den Anbieter zusätzlich, da viele Autokäufer diesen Preis zahlen, ohne zugleich eine Versicherung beim entsprechenden Anbieter abzuschliessen. Ob diese Art der Kalkulation tatsächlich vorgenommen wird, ist jedoch Spekulation und dürfte von jedem einzelnen Automobilhersteller anders gehandhabt werden.
Versicherungsschutz zum Festpreis stösst auf Interesse
Zu den Automarken, die als Vorreiter für die Versicherungskosten zum Festpreis gesehen werden, gehört Volkswagen. Für die Modelle Polo und Up! als Klein- bzw. Kleinstwagen wird ein Versicherungsschutz dieser Form bereits angeboten, seit dem 1. Juli 2014 können deutsche Kunden beim Kauf des neuen Golfs ebenfalls mit einem Schutz zum Festpreis rechnen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis weitere Markenhersteller nachziehen, zumal die meisten über das Segment der Fahrzeugfinanzierung über einen eigenen Finanzdienstleister verfügen und über diesen Versicherungsprodukte abwickeln könnten. Auch in der Schweiz dürfte ein entsprechender Trend der Abrechnung von Versicherungskosten nicht lange auf sich warten lassen. Da die Schweiz nicht über eigene Automobilhersteller verfügt, sollte auf Angebote der international renommierten Fahrzeugunternehmen für internationale Kunden geachtet werden.
Leistungen des Versicherungsschutzes zum Festpreis überprüfen
Bei Interesse an einem günstigen Versicherungstarif zum Festpreis werden die Leistungen des entsprechenden Tarifs zu schnell übersehen. Zwar sind die Versicherer in der Schweiz und ganz Europa an gesetzliche Mindeststandards gebunden, für die Festpreisversicherung muss eine Assekuranz jedoch nicht deutlich über diese Vorschriften hinausgehen. Schnell kann sich herausstellen, dass die fix abgerechnete Versicherung zwar günstig ist, dem eigenen Schutzbedürfnis jedoch nicht entspricht, und die Wahl deshalb besser auf einen herkömmlichen Tarif fällt. Auch eine Selbstbeteiligung für Kaskoleistungen wird bei den meisten Versicherungen zum Festpreis zu finden sein und den Versicherten in einer eingetretenen Unfallsituation teuer zu stehen kommen.
Individuelle Eignung der Versicherungsart nicht immer gegeben
Das Angebot einer Festpreisversicherung weckt bei Autofahrern vorrangig Interesse, weil sie von höheren Kosten durch die exakte Abrechnung mittels Schadenfreiheitsklasse ausgehen. Genau das muss im Einzelfall jedoch nicht gegeben sein. Selbst bei einem Unfall und der Hochstufung in einem oder mehreren Tarifbereichen kann sich die klassische Abrechnung weiterhin lohnen. Bevor voreilig der Werbung für diese besondere Tarifierung gefolgt wird, sind ein seriöses Ausrechnen der tatsächlichen Beiträge und der Vergleich mit den aktuellen Versicherungskosten unverzichtbar. Grundsätzlich ist für viele Schweizer Automobilisten die Möglichkeit gegeben, durch einen Versicherungswechsel bares Geld zu sparen, dies muss jedoch nicht zwingend in Form einer Festpreisversicherung erfolgen. Als sicherer und älterer Fahrer, der bereits seit vielen Jahren von höchsten Schadenfreiheitsklassen profitiert, bleibt das alte Konzept im Regelfall lukrativer.
Oberstes Bild: Einzelne Autohersteller bieten mit ihrer gekoppelten Versicherung bereits Tarife zum Festpreis an. (© kurhan / Shutterstock.com)