Mit dem Smartphone Auto fahren

Besondere Neuheiten auf dem Genfer Autosalon kamen 2014 aus einer ungewöhnlichen Ecke. Der IT-Gigant Apple stellte mit seinen Partnern Mercedes und Volvo CarPlay vor, die Integration von iPhone und Auto. Ganz so neu ist diese Entwicklung zwar nicht, weder bei Apple noch allgemein, sie zeigt aber, wohin die Reise geht. Grund genug, sich einmal eingehend mit dem Thema IT im Kraftfahrzeug zu beschäftigen.

Was ist Apples CarPlay?

Das CarPlay-System, ursprünglich unter dem Namen „iOS in the Car“ angekündigt, verbindet Geräte wie das iPhone, die Apples Betriebssystem iOS nutzen, mit den Bordsystemen der Fahrzeughersteller. Das Smartphone wird dadurch zur Kommunikationszentrale und übernimmt auch die Kontrolle des im Armaturenbrett eingebauten Bildschirms. Die Bedienung erfolgt über die in iOS integrierte Sprachsteuerung Siri, in einer auf den Fahrzeugeinsatz angepassten Version namens „Siri Eyes Free“, sowie über die fahrzeugspezifischen Benutzerschnittstellen.

Bei Mercedes ist das zunächst das Joystick-artige Bedienelement in der Mittelkonsole, bei Volvo ein Touchscreen. Auf diese Weise lassen sich fahrzeugorientierte Services nutzen, wie Landkarten und Navigation, aber auch typische Mobilfunkdienste wie das Vorlesen und Beantworten von SMS-Nachrichten. Auch das Autoradio wird durch CarPlay überflüssig, an seine Stelle tritt das ins iPhone integrierte Internet-Radio. Wird das iPhone also in Zukunft zum unverzichtbaren Bestandteil des Autos?



Hintergrund der In-Car-Entertainment- und -Kommunikationssysteme

Mit der Vorstellung der C-Klasse und des Volvo Concept Estate hat Apple in einer Hinsicht die Nase vorn: Der grosse Konkurrent Google konnte für sein System „Open Automotive Alliance“ OAA noch keine funktionierenden Prototypen zeigen. Andererseits hat Mercedes bereits angekündigt, seine Fahrzeuge auch für Android-basierte Smartphones offenzuhalten.

Ausserdem gibt es mit Ford Sync auch schon etwas Ähnliches, das seit 2008 in Serie produziert wird. Dieses System für In-Car-Entertainment und -Kommunikation basiert bislang auf Windows Embedded Automotive, einem Betriebssystem von Microsoft für in Fahrzeuge eingebaute Computersysteme. Aber auch hier gibt es Bewegung. Für die dritte Ford-Sync-Generation hat sich der Hersteller noch nicht auf einen Partner festgelegt. Ford untersucht insbesondere eine Umstellung auf das Echtzeitbetriebssystem QNX, wie Apples iOS und Linux ein Unix-artiges System, das 1982 in Kanada entwickelt wurde und gerade in der Automobilindustrie sehr verbreitet ist.


Ford C-Max mit SYNC-Technologie auf Auto Show in Detroit im Januar 2014 (Bild: Darren Brode / Shutterstock.com)


QNX gehört seit 2010 einem weiteren grossen Spieler im Mobilfunkgeschäft, Blackberry, und noch ein anderer grosser Name im Bereich Automotive Systems ist ebenfalls damit verbunden. Harman International Industries, besonders bekannt durch Lautsprechersysteme und hochwertiges Audio-Equipment, hatte das Unternehmen QNX Software Systems 2004 übernommen. Unter dem Dach von Harman fand das Betriebssystem in den Bereichen Telematik, Infotainment und Navigationssysteme Anwendung bei vielen verschiedenen Automarken und Kfz-Modellen.

Wie dieser kleine und keineswegs umfassende Überblick des Marktsegments Automotive Systems zeigt, gibt es neben Apple noch eine ganze Reihe namhafter Wettbewerber im Rennen um die Vorherrschaft am Armaturenbrett. Was lässt das für die Zukunft erwarten?

Wohin geht die Reise?

Auch wenn sich verschiedene Unternehmen der Automobilbranche und der Informationstechnologie bereits in unterschiedlichen Allianzen zusammengefunden haben, ist es unwahrscheinlich, dass Sie Ihr Auto in Zukunft nach der Marke Ihres Smartphones aussuchen müssen, oder umgekehrt. Auch BMW hat beispielsweise zumindest seine Bereitschaft für die Unterstützung von CarPlay angekündigt, obwohl der Autobauer sich zunächst noch davon distanziert hatte. Trotzdem wird es wohl auch praktische Konsequenzen für den Autofahrer haben, wer sich mit seinem In-Car-System durchsetzen kann.

Darauf lassen auch die unterschiedlichen Zielsetzungen schliessen, die von den Anbietern verfolgt werden. Während Apple sein System ganz auf iOS-Geräte und insbesondere das iPhone ausrichtet, zielt Google auf eine herstellerunabhängige Schnittstelle für Smartphones, die von einem Android-System im Fahrzeug zur Verfügung gestellt wird. Google hat also das Fahrzeug selbst im Blick, dagegen will Apple seine mobilen Geräte mit dem Auto vernetzen. Bei CarPlay ist daher davon auszugehen, dass iOS-Geräte besser unterstützt und zum Beispiel neue Features zuerst in Verbindung mit dem iPhone verfügbar sein werden.

Ein Beispiel für technische Unterschiede der konkurrierenden Lösungen ist die Art der Anbindung an das Bordsystem. Während Ford Sync über Bluetooth gekoppelt wird, kommt bei CarPlay ein konventionelles USB-Kabel zum Einsatz. Das hat nicht nur den Vorteil einer grösseren Zuverlässigkeit im Fahrzeug, wo Funksysteme prinzipiell mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, als Nebeneffekt wird das iPhone bei der Nutzung mit CarPlay auch noch aufgeladen.

Wer sitzt mit wem im Boot?

Die Frage der Partnerschaften ist für Ford bereits weitgehend besprochen, allerdings zeigte auch der amerikanische Autokonzern schon Interesse an Apples CarPlay. Ebenso General Motors, Honda und Hyundai, die zusammen mit Audi und Nvidia bei Googles Open Automotive Alliance mitspielen. Die Liste der Unterstützer und Interessenten ist allgemein bei CarPlay am grössten. Neben den bereits genannten Unternehmen finden Sie hier auch Ferrari, Jaguar Land Rover, Mitsubishi, Nissan, Peugeot Citroen, Subaru, Suzuki und Toyota. Bis auf Mercedes und Volvo, die bereits Fahrzeuge mit CarPlay vorgestellt haben, sowie Honda mit einer teilweisen Integration, die sich zunächst auf Siri Eyes Free beschränkt, gibt es bislang allerdings auch bei CarPlay nur Absichtserklärungen und unverbindliche Interessenbekundungen.

 

Oberstes Bild: Apple CarPlay Concept (© Apples CarPlay, Wikimedia, CC)

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