Genfer Autosalon: Dort, wo die Faszination Auto greifbar ist..., Teil 4
VON Michael Radtke Allgemein Auto
Unendliche Diskussionen rund um die Zukunft der Umwelt bzw. den Umweltschutz wurden geführt. Im Fernsehen, im Radio, am Stammtisch in der Eckkneipe, beim Nachbarschaftstreffen, beim Grillfest mit Freunden oder auch familienintern im eigenen Ss oder bereits schon beim Frühstück am reichlich gedeckten Küchentisch. Soll auf den Autobahnen das Tempo grundsätzlich auf 100 Stundenkilometer gedrosselt werden? Sind 80 Stundenkilometer auf Landstrassen nicht genug? Einigkeit unter den Schweizern herrschte bei diesen Themen nicht; Pro- und Kontra-Fraktionen in Bezug auf die Automobile bildeten sich.
Dies ist ein Bericht über den Genfer Automobil-Salon in mehreren Teilen. Hier das Inhaltsverzeichnis:
Teil 1: Genfer Autosalon: Dort, wo die Faszination Auto greifbar ist …
Teil 2: Genfer Autosalon: Dort, wo die Faszination Auto greifbar ist …
Teil 3: Genfer Autosalon: Dort, wo die Faszination Auto greifbar ist …
Teil 4: Genfer Autosalon: Dort, wo die Faszination Auto greifbar ist …
54. Autosalon: Die Autoindustrie präsentiert Weltneuheiten und Zukunftstechnologien
Im Februar des Jahres 1984 entscheidet sich das Schweizer Volk per Abstimmung dann für die Schwerverkehrssteuer und die Autobahnvignette. Die Stimmen, die das Auto an sich als grosse Gefahr für das ökologische System respektive die Umwelt ansehen, werden immer lauter. Und finden auch immer mehr Gehör. Das gewachsene Bewusstsein für die Umweltproblematik und die ökologischen Konsequenzen lassen die Autoindustrie in der Schweiz erstmals richtig im Gegenwind fahren. Da die eidgenössische Regierung zudem in Bezug auf die Lärm- und Abgasbelästigung im Grunde genommen einen Alleingang angetreten hat, reduzierte sich gleichzeitig auch das allgemeine Angebot an Autos. Des Weiteren stellten Marktforscher etwa ab 1983 eine stark verminderte Kauflust bei den schweizerischen Konsumenten fest.
Alles in allem standen die Vorzeichen also nicht gerade günstig für die 54. Ausgabe des Genfer Autosalons, der inzwischen ein neues Domizil in den Palexpo-Hallen bezogen hatte. In Anbetracht der allgemeinen Stimmungslage wurde diesmal bewusst auf die Präsentation von Lastwagen verzichtet; auch die eigentlich übliche Bootsausstellung fand nicht statt. Bloss kein Wasser auf die Mühlen der Umweltschützer giessen, lautete der Tenor der Veranstalter hinter vorgehaltener Hand. Auch die Autoindustrie präsentierte sich im Autosalon als durchaus wandlungsfähig und dem Zeitgeist folgend. So stellten zahlreiche Hersteller neu entworfene Modelle vor, die mit einer optimierten Aerodynamik sowie vor allem mit einer verfeinerten Technik der Umweltproblematik energisch entgegentreten sollten.
Konzeptfahrzeug Toyota FX-1 und Peugeot 205 GTI sorgen massgeblich für Aha-Effekte
Prinzipiell konnte die Genfer Automesse bzw. -show des Jahres 1984 wohl als die Veranstaltung rund um das Automobil bezeichnet werden, die das Umdenken und die Weiterentwicklung der Autoindustrie sowie der diesbezüglichen Technik nicht nur verdeutlichte, sondern gar mitentscheidend prägte. So präsentierte zum Beispiel Toyota das Konzeptfahrzeug FX-1, das schon damals mit Charakteristiken brillierte, die selbst heute noch als zeitgemäss gelten. Dabei fiel gerade die strömungsgünstig konzeptionierte Karosserie ins Auge, während sich die Besucher des Autosalons aber gerade von den innovativen Elementen im Hinblick auf die Technik und Steuerung bzw. Bedienung begeistert zeigten. Kein Wunder, schliesslich wartete der FX-1 mit einem imposanten V6-Motor mit insgesamt 24 Ventilen auf, der durch zwei parallel montierte Turbolader beatmet wurde.
Die Zylinder liessen sich dabei einzeln abschalten und die jeweiligen Steuerzeiten passten sich optimal an den jeweils aktuellen Belastungszustand an. Zudem verfügte das Auto über eine hydropneumatische Federung in Bezug auf die Aufhängung sowie über ein neuartiges Sprachbefehlssystem, das mit seinen insgesamt 14 Optionen bzw. Funktionen den Umgang mit diesem Prototypen nachhaltig erleichtern sollte. Für Furore sorgte aber auch Frankreich bzw. der erstmals der Öffentlichkeit vorgestellte Peugeot 205 GTI, der als die französische Antwort auf den ungemein erfolgreichen VW Golf GTI interpretiert werden konnte. Auch der im neuen Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 verbaute Vierventil-Zylinderkopf von Cosworth und der Volumex-Kompressor im Fiat Argenta zogen die 540’750 Salon-Besucher nahezu magisch an.
Panasonic präsentiert den ersten CD-Player als Einbaugerät für das Auto
Allerdings waren sich die Schweizer Konsumenten in einem Punkt einig: In den 1980er-Jahren sahen sich die verschiedenen Autos immer ähnlicher. Daher rückten immer mehr Auto-Veredler und -Tuner in den Fokus, die sowohl Alltagsautos als auch Sportwagen regelrecht individualisierten. Am Rande sollte hier noch erwähnt werden, dass es den VW Käfer in der Schweiz ab 1984 nicht mehr offiziell zu kaufen gab. Als preisgünstigster Volkswagen fungierte jetzt der Polo C 1050 (11’635 Franken). Ein nahezu ungläubiges Staunen rief aber vor allem die Präsentation eines Prototyps eines Panasonic-Auto-CD-Players hervor. Bis diesbezüglich aber die ersten käuflichen Geräte im Fachhandel auftauchten, sollte sich das Jahr 1984 bereits dem Ende zuneigen.
Oberstes Bild: Genfer Autosalon – dort, wo die Faszination Auto greifbar ist… (© Norbert Aepli, Wikimedia, CC)