Wenn der Wasserkasten zum tödlichen Geschoss wird
VON Olaf Hoffmann Allgemein Auto
Gut, wenn er und sein Chauffeur dort auch sicher und wohlbehalten ankommen. Ein neuerlicher Crashtest hat gezeigt, wie schnell schwere und nicht entsprechend gesicherte Ladung auf der Rückbank unvermittelt zum tödlichen Geschoss werden kann. Und nicht nur Wasserkästen, sondern eben auch Gasdruckflaschen für den Campingplatz, Strassenatlanten auf der Hutablage oder andere schwere Gegenstände, die sorglos auf der Rückbank eines PKW transportiert werden.
Ärger mit dem Gepäck, nicht nur auf der Ferienreise
Es ist ein Phänomen, dass die Entwicklung des Automobilbaus gerade in den letzten Jahren begleitet. Personenkraftwagen werden kleiner, im Innenraum wird um jeden Zentimeter Beinfreiheit gekämpft, während im Kofferraum der Platz immer enger wird. Geschuldet ist diese Entwicklung nicht zuletzt dem Bestreben, immer wendigere und leichtere Fahrzeuge zu bauen, die auf der einen Seite Vorteile im Stadtverkehr bringen, auf der anderen Seite aber auch energiesparend unterwegs sein sollen. Besonders bei kleinen Fahrzeugen muss dann oftmals ein Kompromiss gefunden werden, der Platz für Fahrgäste und die Technik bringt, gleichzeitig aber auch das Fahrzeug so leicht macht, dass nicht unnötig wertvolle Power verschenkt wird. Spätestens dann, wenn es mit etwas mehr Gepäck auf Reisen geht, werden die Platzressourcen im Kofferraum knapp und es wird gestopft und improvisiert, was das Zeug hält. Und das nicht selten auch auf Kosten der Sicherheit. Mit diesem Thema haben sich hier bereits mehrere Beiträge beschäftigt.
Ärger mit dem Gepäck gibt es aber nicht nur bei der Vorbereitung der Ferienreise. Auch im Alltag wird relativ leichtfertig mit dem richtigen Gepäcktransport und der zuverlässigen Ladungssicherung umgegangen.
Durchschiessendes Ereignis
In einem Crashtest hat das deutsche Allianz Zentrum für Technik (AZT) die alltägliche Situation nachgestellt. Ein voll belegter Wasserkasten wird auf dem Rücksitz hinter dem Fahrer platziert, natürlich ungesichert. Der Mittelklassewagen nimmt Fahrt auf. Unvermittelt, bei Tempo 45, knallt der Wagen gegen ein festes, stehendes Hindernis. Frontal. Was die speziellen Kameras am Rande des Geschehens aufzeichnen, lässt einem den Atem stocken. Die Wasserkiste knallt ungebremst mit voller Wucht gegen die Rückenlehne des Fahrersitzes, einzelne Flaschen fliegen wie Granaten durch den Fahrzeuginnenraum Richtung Frontscheibe.
Die Messergebnisse am Dummy zeigen, dass es hier zu schweren bis schwersten Rückenverletzungen und zusätzlichen Schnittwunden beim Fahrer des Fahrzeugs gekommen wäre. Ein Ergebnis, dass so manchen leichtfertigen Autofahrer aufschrecken lassen dürfte. Dabei ist das Fahrzeug doch „nur“ mit 45 Stundenkilometern aufgeprallt. Man stelle sich den gleichen Unfall im Real-Life mit Tempo 90 auf der Landstrasse vor. Offensichtlich dürfte es dann zumindest für den Fahrer keine echte Chance geben, schwersten, wenn nicht gar tödlichen Verletzungen durch den Wasserkasten auf der Rückbank zu entkommen.
Im Test wurden übrigens noch ein ungesicherter Picknickkorb und eine Biertischgarnitur mitgeführt. Sämtliche Ladung war ungesichert und machte deutlich, dass nicht gesicherte Ladung in jedem Fall ein erhöhtes Verletzungsrisiko im Fahrzeug darstellt.
Dementsprechend fallen auch hier wieder die Empfehlungen aus: Schwere Ladung gehört grundsätzlich in den Kofferraum und sollte dort zusätzlich gesichert werden. In fast jedem Fahrzeug finden sich im Kofferraum spezielle Ösen, an denen sich beispielsweise feste Gummiseile für die Ladungssicherung oder besser noch Spanngurte einhängen lassen. Darüber hinaus sollte schwere und lose Ladung immer so weit unten wie möglich im Fahrzeug geladen werden. Der ominöse Wasserkasten ist also im Kofferraum nur dann gut aufgehoben, wenn er möglichst auf dem Boden steht und zusätzlich gesichert ist. Das Gleiche gilt auch für einzelne Flaschen oder andere Gegenstände, die bei einem Unfall schnell zum tödlichen Geschoss werden können.
Was der Autoindustrie zu raten ist
Auffällig ist, dass in solchen Fällen besonders die Autofahrer immer wieder mit guten Tipps regelrecht erschlagen werden. Allerdings sollte auch die Autoindustrie selbst ein paar Impulse aus solchen Crash-Tests und tatsächlichen Unfällen mit ähnlichem Ausgang beziehen. So sollte darüber nachgedacht werden, ob es sinnvoll ist, Fahrzeuge zu bauen, in deren Kofferraum ein handelsüblicher Wasserkasten nicht einmal problemlos einzustellen ist. Zu hohe Ladekanten, zu enge Kofferraumgestaltungen und fehlende Rückhaltesysteme für die Ladung machen es dem Autofahrer oftmals nicht leicht. Erst recht nicht, wenn der Grosseinkauf zu stemmen ist oder eine längere Reise ansteht. Ein Auto ist eben nicht nur ein Personentransportmittel, sondern sollte zumindest auch den Anforderungen an den alltagsüblichen Transport gerecht werden können. Und da gehört bei einem Familienfahrzeug und selbst bei Kleinwagen eben auch der wöchentliche Grosseinkauf dazu.
Ob dann Fahrzeuge wie der Smart oder ähnlich minimalistisch geformte Autos nicht eher als Spassauto oder als Personenschleudern fungieren, darf da gefragt werden. Für den echten Alltag mit seinen wechselnden Transportanforderungen sind solche Fahrzeuge sicherlich nicht gedacht. Auch dann nicht, wenn besagter Wasserkasten auf dem Beifahrersitz ruht.
Oberstes Bild: Ladungssicherung ist ein wichtiges Thema. (© S.Kobold / Fotolia.com)