Was kann der neue Twingo?
VON Daniel Lehrmann Allgemein Auto
Ob das gelingt, hängt nicht zuletzt auch vom Design ab: Der etwas glücklose Vorgänger konnte in dieser Hinsicht dem fast schon legendären ersten Twingo nicht das Wasser reichen. Nun soll es eine Orientierung am guten alten Renault R5 richten. Ob das reicht, um die Kunden vom Neukauf des, ja, knuffigen Fahrzeugs zu überzeugen, zeigen wir in diesem Bericht.
Mehr Platz im Kleinwagen
Renault hatte beim Entwurf des Twingo offenbar Grosses vor: Antrieb und Motorblock mussten aus der Frontpartie ausscheiden, stattdessen finden sich beide nun im Heck des Wagens wieder. Weiterhin haben die Ingenieure ein wenig an der Breite gefeilt, um immerhin 13 Zentimeter wurde der Radstand gestreckt. Trotz der insgesamt etwas kürzeren Karosserie bietet der neue Twingo daher zumindest im Innenraum einfach mehr Platz, und das dürfte gerade im Kleinwagensegment für alle Käufer eine frohe Botschaft sein. Allerdings leiden unter diesen Schritten natürlich andere Aspekte – wie etwa der Stauraum. Da sich der grosse Motorblock jetzt, wie gesagt, im Heck des Wagens befindet, musste dort natürlich das maximale Kofferraumvolumen beschnitten werden.
Der neue Twingo bietet in dieser Sektion nur noch sehr geringe 174 Liter; wenn die Rückbank umgelegt wird, vergrössert sich das Volumen auf immerhin 980 Liter – aber eine dauerhafte Lösung kann das offensichtlich nicht sein. Also orientierte sich Renault an den Tricks anderer Hersteller: Hier befindet sich ein zusätzliches Fach unter der Rückbank, dort können umfangreiche Taschen in die Seitentüren eingebaut werden, um etwa Handtaschen dort unterbringen zu können.
Mittels Lösungen wie diesen lassen sich grössere Einkäufe dann doch realisieren, ohne die Waren in den Twingo quetschen zu müssen. Nebenbei profitiert davon auch das Image des Autos: Klein, clever, pfiffig, ideenreich – das möchte der Twingo sein, und dieses Bild vermittelt er auch.
Einsparungen à la Kleinwagen
Trotzdem handelt es sich auch bei diesem Modell noch immer um einen Kleinwagen, und solche unterliegen meist strengen Budget-Auflagen. Da Renault nicht zaubern kann, wurde auch beim Twingo an etwas zu vielen Ecken und Enden gespart: Im Cockpit finden sich fast ausschliesslich Kunststoffe wieder, die auch keinen besonders hochwertigen Eindruck hinterlassen; die Fenster lassen sich hinten nur ein wenig aufklappen und nicht ganz öffnen – was auch bei der viertürigen Variante der Fall ist; die Kopfstützen wurden in die Sitzlehnen integriert und lassen sich daher nicht an die eigenen Wünsche anpassen. Diese und ähnliche Makel wie eine fehlende Integration für Smartphones zeigen, dass die Unternehmensführung hier mit Genuss den Rotstift angesetzt hat, wo auch immer es nur ging.
Andererseits hat der Twingo dadurch zumindest beim Preis die Nase vorn: Der eingangs erwähnte Smart Forfour etwa startet bei 13’800 Franken, während der Twingo nur nach 11’500 Franken verlangt. Ob sich diese Kostendifferenz auch positiv auf die Verkaufszahlen auswirkt, wird die Zeit zeigen müssen – denn der Vorgänger konnte die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Zumindest wird aber niemand Renault vorwerfen können, den Twingo überteuert auf den Markt zu bringen…
Kann der auch schnell?
Nein, nicht wirklich – aber das muss er auch nicht. Zwei unterschiedliche Benzinmotoren stehen für den neuen Twingo zur Auswahl, die Leistung beläuft sich auf 71 und 90 PS. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 151 km/h limitiert, für den „Sprint“ auf 100 km/h benötigt der Wagen 16 Sekunden. Das sind alles keine Bestwerte, aber die möchte der Renault auch gar nicht erreichen. Seine wirklichen Stärken hat der Kleinwagen nämlich in der Innenstadt. Die Anfahrt geschieht schnell, es geht sehr direkt und flott um Kurven und rein und raus aus Parklücken. Der Verbrauch von 4,5 Litern hätte etwas niedriger ausfallen können, davon abgesehen hinterlässt der Twingo in seinem Einsatzbereich aber einen durchdachten und reifen Eindruck.
Praktisch nebenbei hat die Entscheidung, den Motor in das Heck wandern zu lassen, auch eine weitere positive Auswirkung: Die beim Vorgänger kritisierte Lärmentwicklung wurde dadurch erheblich eingedämmt. Zwar brummt der Motor weiterhin in derselben Lautstärke vor sich hin – doch die Fahrgäste bekommen das einfach nicht mit. An der Aerodynamik wurde ebenfalls geschraubt, die Windgeräusche bei verhältnismässig hohen Geschwindigkeiten zerren nun deutlich weniger an den Nerven. Ob das für Besitzer des Vorgängers ausreicht, schon wieder den Wagen zu wechseln, muss wohl jeder für sich entscheiden. Viel falsch machen kann man mit dem neuen Twingo aber, wenn man sich vom erwähnten Sparwahnsinn im Innenraum nicht beeindrucken lässt, kaum.
Oberstes Bild: Der neue Renault Twingo präsentiert auf dem Genfer Auto-Salon 2014 (© Zavatskiy Aleksandr / Shutterstock.com)