Töfftouren – so schön ist es, die Schweiz mit dem Motorrad zu erleben
VON Christian Erhardt Allgemein Motorrad
Motorradfans, die ausgedehnte Touren mit dem Motorrad lieben – die auf Schweizerdeutsch „Töfftouren“ heissen – finden für ihr Hobby in der Schweiz die perfekten Grundvoraussetzungen. Ganz gleich, ob es sich dabei um ausgedehnte Passfahrten durch die Schweizer Alpen handelt oder ob man es liebt, die Täler zu durchstreifen, in der Schweiz lässt sich all das optimal umsetzen.
Die Schweiz bietet dem Bikerherz alles, was Motorrad-Ferien ausmacht.
Was erwartet einen passionierten Biker in der Schweiz?
Knapp acht Millionen Menschen leben in der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Auf einer Grösse von rund 40’000 Quadratkilometern, das entspricht der Fläche eines deutschen Bundeslandes, das es da zu durchfahren gilt, finden Motorradbegeisterte fantastische Grundvoraussetzungen, ihrem Hobby nachzugehen. 1500 Seen laden zum Verweilen ein und einige Dutzend Viertausender zu ausgedehnten Bergtouren und Passfahrten.
In der Schweiz bietet sich dem passionierten Biker ein sehr breites Spektrum an, und Ferien auf dem Motorrad – selbst wenn es nur Kurzferien über ein verlängertes Wochenende sind – lassen sich perfekt ausgestalten. Im Tal an den Seen wird man zum Baden eingeladen und in den Bergen könnte man kurze Zeit später die Skier schultern. Dazu wird jede Pause zu einem optischen Highlight, wenn man das Panorama in den Alpen auf dem Sattel seines Motorrads geniessen kann.
Auf dem Motorrad von Andermatt über Graubünden ins Tessin und zurück
Wer mit dem Motorrad einen Ausflug nach Graubünden und in den Tessin unternehmen möchte, der beginnt am besten in Andermatt. Auf dieser Strecke lassen sich wunderbare Kehren und Kurven genießen, die den Oberalppass hinaufführen – bis zum angestauten Oberalpsee, der dazu einlädt, dort zu verweilen. Wenn man bei der Auffahrt zum Pass Glück hat, kann man auch die Matterhorn-Gotthard-Bahn beobachten, die sich auf eine Höhe von 2000 Metern vorarbeitet, um so Andermatt und Disentis zu verbinden.
Die anschliessende Abfahrt bietet dem Biker echte Herausforderungen. Die Kehren und Kurven bestechen durch einen sehr eng gehaltenen Radius. Doch wer bei seiner „Downhill-Fahrt“ den Blick auf Surselva und den Vorderrhein geniessen möchte, der nimmt die etwas kniffeligere Abfahrt gerne in Kauf.
Kurze Erholung vor anspruchsvollen Abfahrten
Bei der Ankunft in Tschamut hat es sich dann erst einmal mit ausgedehnten Kurvenfahrten und einem Rechts-links-Wechsel erledigt. Über Rueras geht es weiter nach Disentis, um dort nach Süden ins Val Medel abzubiegen. Ab diesem Moment geht es wieder stetig nach oben, und das über eine Länge von rund 17 Kilometern. Die Strecke bis zum Lukmanierpass ist auch für den eher ungeübten Biker kein Problem, denn es finden sich nur sanfte Kurven.
Der Stausee am Ende der Strecke lädt erneut zum Verweilen ein, bevor es weiter nach Süden geht und die Bleniotalabfahrt wartet. Auch hier erlaubt die Wegstrecke, bei der auf enge Kurven verzichtet wurde, einen längeren Blick auf die Umgebung und ins Tal. Die gewünschten Herausforderungen finden sich aber zwischen Camperio und Olivone wieder, denn dort laden Kurven dazu ein, die Neigungsfähigkeit des Fahrgeräts auszutesten. Und das ist erst der Anfang. In der Nähe von Aquila geht es gen Ponto Valentino. Zwischen Castro und Prugiasco wird die Strecke dann richtig eng – so, wie es der erfahrenere Biker liebt.
Anspruchsvoll wird die Strecke ab Prugiasco, so man sich die Passstrasse nach Leontica aussucht. Enge Kurven, enge Kehren und Spitzkehren fordern Fahrer und Gerät heraus, verlangen volle Aufmerksamkeit. Im Bergdorf Leontica angekommen entschädigt der Ausblick aber umgehend für die zurückliegenden Strapazen. Die Aussicht ins Tal ist schlicht atemberaubend.
Den Ausblick sollte der Motorradfan auskosten, denn auf der Abfahrt bleibt eher weniger Zeit dazu durchzuschnaufen. Wer sich nicht wirklich sicher fühlt oder sein „Spielgerät“ nicht absolut beherrscht, sollte tunlichst auf den Pass nach Leontica verzichten, denn besonders die folgende Abfahrt hat es wahrlich in sich. Die Kurven sind sehr anspruchsvoll, äusserst eng gehalten und fordern Ross und Reiter massiv.
Auch gerade Strecken müssen sein
Als wäre der Streckenplaner selbst ein Motorrad-Enthusiast gewesen, wird der Weg nach Biasca entspannter – Luft schöpfen ist angesagt. Die Strecke von Motto über Chiesa nach Biasca ist nicht nur hervorragend ausgebaut, sondern auch absolut gradlinig gehalten. Eingefasst von waldigen Berghängen, kann man auf zwei Rädern die Seele baumeln lassen. Das ist aber wieder einmal nur die Ruhe vor dem Sturm, denn es wartet die Auffahrt zum San Bernardino Pass.
Von Castione über Roveredo und Soazza geht es weiter in nördlicher Richtung nach Logiano. Schon auf der Fahrt kann man als Biker erkennen, was einen erwartet: Die Bergmassive türmen sich links und rechts der Fahrtstrecke auf. In Pian San Giacomo beginnt dann der Aufstieg über die Passstrecke zum San Bernardino.
Auf 200 Jahre alter Strasse in 2100 Metern Höhe
Bereits im 18. Jahrhundert wurde die Passstrecke gen San Bernardino neu konzipiert. Die Schweizer Alpen laden dazu ein, den Blick über den Laghetto Moesola schweifen zu lassen. Kurz am bewirtschafteten Hospiz einkehren und danach die wunderbare Abfahrt geniessen, die sehr leicht zu fahren ist, bevor der Weg durch den Rheinwald in Splügen und Sufer führt.
Auch diese Entspannungsphase hat ihren tieferen Sinn, denn die Rofaschlucht führt über Zillis zur sogenannten Via Mala, was übersetzt „die böse Schlucht“ heisst. Und die Strecke hat es dann wieder richtig in sich. Schon Goethe hat angeblich den Weg, den man nun fährt, 1788 auf seiner Reise nach Italien per pedes gemeistert. Die folgende Abfahrt nach Thusis verlangt wegen der zahllosen Kurven und Kehren auch erfahrenen Bikern einiges an Aufmerksamkeit ab.
Furioses Finale
Die Strecke von Cazis und Unterrealta gen Bonaduz und dann in Richtung Versam ist recht anspruchslos – denkt man. Doch wie aus dem Nichts muss man eine Passstrecke überwinden, die so wirkt, als habe man sie in die nackten Felsen gefräst. Bis rauf nach Versam wird es extrem kurvig und es sind sehr, sehr enge Kehren zu bewältigen. Am Ziel aber warten ein malerischer Ausblick und eine sanft geschwungene Strecke nach Ilanz. Damit ist der harte Brocken bewältigt, denn die Rückfahrt lässt sich entspannt angehen.
Idyllische Bergdörfer und Feriengebiete sind es, die den Weg über Meierhof nach Obersaxen und wieder zurück nach Disentis bilden. Einmal noch den Oberalppass erklimmen, den man von der Hinfahrt bereits kennt, und schon endet die Tour wieder in Andermatt. So, das sollte das Fazit des Ausfluges sein, muss Motorradfahren aussehen!
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