Todesfalle Bahnübergang – was unbedingt beachtet werden sollte!
VON Robert Brettschneider Allgemein Auto
Um die Verkehrssicherheit an Bahnübergängen zu erhöhen, sollten nicht nur die diesbezüglichen Verkehrsregeln in Fleisch und Blut übergehen, es bedarf darüber hinaus auch etwas mehr Vernunft und Verantwortungsbewusstsein.
Sicherheit am Bahnübergang: Welche Regeln gelten?
Schienenfahrzeuge haben an Bahnübergängen grundsätzlich Vorrang, alle anderen Verkehrsteilnehmer, etwa Autofahrer, haben Wartepflicht. Auch wird ein Bahnübergang stets angekündigt, entweder durch ein Andreaskreuz oder ein anderes Hinweisschild. In jedem Fall ist man als Autofahrer verpflichtet, sich einem Bahnübergang langsam und vorsichtig zu nähern. Die Sicherheitsvorkehrungen bei Bahnübergängen sind nicht einheitlich. An manchen Übergängen wird bei Herannahen eines Zuges die komplette Strassenbreite mittels Schranken abgesperrt, andere Bahnübergänge wieder verfügen nur über Halbschranken, welche jeweils nur eine Fahrtrichtung blockieren. Durch Ausweichen auf die jeweilige Gegenspur kann somit der Bahnübergang auch bei geschlossenen Schranken passiert werden – was illegal und zudem sehr gefährlich ist.
Schliesslich gibt es noch unbeschrankte Bahnübergänge. Bei diesen ist besondere Vorsicht geboten, da lediglich ein auf einer dreieckigen Tafel befindliches rotes Blinklicht das Herannahen eines Zuges ankündigt. Obwohl diese Regeln wohl nicht allzu kompliziert sind, ereignen sich an Bahnübergängen immer wieder schwere Unfälle. Statistiken zufolge liegt die Schuld meist bei den Autofahrern, nur in etwa 6 % der Fälle ist eine falsche Signalschaltung aufgrund menschlichen Versagens oder ein technischer Defekt der Signalanlage die Unfallursache.
Bahnübergänge: Leichtsinn ist ein schlechter Beifahrer
Leichtsinn und Selbstüberschätzung spielen bei Unfällen an Bahnübergängen ebenfalls eine grosse Rolle. Denn viele Autolenker meinen, aufgrund oftmaligen Befahrens der Strecke den Zugfahrplan bereits auswendig zu kennen, und befahren daher den Übergang trotz Rotlicht in der unerschütterlichen Meinung, dass „um diese Zeit mit Sicherheit kein Zug kommen wird“. Nicht selten ein fataler Irrtum. Denn Fahrpläne tendieren dazu, hin und wieder geändert zu werden, ausserdem werden im Bedarfsfall Züge einfach ausserplanmässig eingeschoben. Auch kommt es selbst im modernen Bahnverkehr mitunter vor, dass Züge mit nicht unbeträchtlichen Verspätungen unterwegs sind.
Besonders kühne „Helden der Landstrasse“ meinen mitunter sogar, selbst angesichts eines herannahenden Zuges noch schnell den Bahnübergang überqueren zu können – mit oft tödlichen Folgen. Möglicherweise spielt aber auch der Umstand, dass das Signal an manchen Bahnübergängen mitunter sehr früh auf rot geschaltet wird, eine Rolle. Die Ferienreise dauert bereits lang, die Kinder hinten auf dem Rücksitz nörgeln, auch der Fahrer wird ungeduldig, sieht weit und breit keinen Zug – und fährt einfach los.
Das Problem ist wohl einfach, dass im Gegensatz zu anderen Verkehrssituationen vermeintlich eine Alternative besteht. Gerät der Fahrer in einen Stau, hat er mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer wesentlich längeren Wartezeit zu rechnen als an einem Bahnübergang. Er hat allerdings keine Wahl, sein Auto ist in der Kolonne eingekeilt. An einem unbeschrankten Bahnübergang gibt es eine – wenn auch illegale – Möglichkeit, die unbequeme Warterei zu beenden: einfach Gas geben und losfahren.
Bahnübergänge: Wie kann die Unfallhäufigkeit verringert werden?
Untersuchungen zufolge kennt rund ein Drittel der Schweizer Autofahrer die Bedeutung des roten Blinklichts an Bahnübergängen nicht. Es ist zu wenig bekannt, dass es ein verbindliches Haltesignal bedeutet, welches mit dem Rotlicht einer Verkehrsampel gleichzusetzen ist. Dieses wird wohl niemand ignorieren und einfach in die Kreuzung einfahren. Aufklärung tut also not, denn auch das Andreaskreuz wird von vielen Autofahrern nicht als Ankündigung eines Bahnüberganges erkannt. Viele Lenker können den miteinander verbundenen Kreuzen keine konkrete Bedeutung zuordnen. Dabei ist die Sache recht einfach: Das Andreaskreuz warnt Autofahrer vor einem Bahnübergang – ist der Übergang frei, muss jedoch nicht angehalten werden.
Experten auf dem Gebiet der Verkehrspsychologie sind der Ansicht, dass die Akzeptanz des Warnsignals an einem Bahnübergang wesentlich erhöht würde, wenn es in Form einer Verkehrsampel mit der bekannten Abfolge „Rot = Halt, Gelb = Achtung, Grün = freie Fahrt“ gestaltet wäre. Doch eine diesbezügliche Umstellung des Signalbetriebes würde einer verkehrspolitischen Entscheidung bedürfen – und ist damit letzten Endes eine Frage des Geldes, denn die Umrüstung sämtlicher Bahnübergänge in der Schweiz wäre wohl nicht ganz billig.
Alternativ könnten zur Erhöhung der Sicherheit alle Bahnübergänge mit Beschrankungen ausgestattet werden – wohl ebenfalls eine Kostenfrage. Will man hingegen Unfälle an Bahnübergängen mit praktisch 100%iger Sicherheit ausschliessen, bietet sich die Möglichkeit einer Untertunnelung des Bahnüberganges an. Vielleicht wäre aber auch eine verstärkte Polizeipräsenz eine Lösung, denn sobald die Missachtung des roten Blinklichtes bei einem Bahnübergang mit hoher Wahrscheinlichkeit ein ähnlich schmerzhaftes Bussgeld nach sich zieht wie das Überfahren einer roten Ampel, wird der eine oder andere Lenker vielleicht davon Abstand nehmen.
Kraftfahrerorganisationen wie der Automobil Club der Schweiz (ACS) sind übrigens der Ansicht, dass bereits eine absolute Einheitlichkeit in der Sicherung von Bahnübergängen – auf welcher Sicherheitsstufe auch immer – eine Verbesserung der Situation bewirken würde. Vielleicht wäre aber auch etwas mehr Gelassenheit und Vernunft ein geeignetes Rezept. Denn wenn die heiss ersehnte Fahrt in die Ferien abrupt an einem Bahnübergang endet, ist es zum Nachdenken zu spät.
Oberstes Bild: An Bahnübergängen sollten die diesbezüglichen Verkehrsregeln strikt beachtet werden. (© Becky Stares / Shutterstock.com)