Im Zeichen des Stiers – die Sportwagenmarke Lamborghini, Teil 1

So mancher Autoenthusiast wird vielleicht die Nase rümpfen oder sich überrascht die Augen reiben, wenn er die Entstehungsgeschichte der italienischen Sportwagenmarke Lamborghini liest. Aber ohne den vorherigen wirtschaftlichen Erfolg mit der Herstellung von Traktoren, also Landmaschinen, gäbe es heute weder einen Miura, einen Countach oder einen Huracán.

Ferruccio Lamborghini (1916-1993), aufgewachsen als Sohn von Bauern in einem Dörfchen bei Bologna, war schon als Kind von Technik und Mechanik fasziniert. Er beendete sein späteres Studium als Ingenieur und war im Zweiten Weltkrieg für die Reparatur und Wartung von Militärfahrzeugen zuständig. Nach dem Krieg fehlte es in Italien überall an Landmaschinen und insbesondere an Traktoren. Lamborghini begann, alte Armeefahrzeuge aufzukaufen und diese zu Traktoren umzurüsten. Dazu gründete er Ende der 1940er Jahre sein erstes Unternehmen in Pieve di Cento (Ferrara), die „Lamborghini Trattori S.p.A.“.

Dies ist ein Bericht über die Sportwagenmarke Lamborghini in zwei Teilen. Hier das Inhaltsverzeichnis:

Teil 1: Im Zeichen des Stiers – die Sportwagenmarke Lamborghini

Teil 2: Im Zeichen des Stiers – die Sportwagenmarke LamborghiniIn den ersten Jahren kaufte er die Motoren von anderen Herstellern, von 1953 an produzierte er sie selbst. Dabei handelte es sich um Konstruktionen in Modulbauweise mit zahlreichen austauschbaren Teilen, so dass die Kunden zwischen Versionen mit einem, zwei, drei oder vier Zylindern wählen konnten. Ein Jahr später war Lamborghini der erste Traktorenhersteller, der eine Luftkühlung sowie eine Direkteinspritzung anbot. Lamborghini hatte in der Folgezeit grossen Erfolg und entwickelte sich zu einem der führenden Produzenten in Italien. Anfang der 1960er Jahre verliessen jeden Monat rund 400 Traktoren die Werkshallen.


Lamborghini-Traktor Lamborghinetta, Baujahr 1957 (Bild: Späth Chr., Wikimedia)


Nach einem Aufenthalt in den USA entschied sich Lamborghini, der auf der Suche nach neuen Herausforderungen war, seine Produktpalette zu erweitern. Er gründete das Unternehmen „Lamborghini Bruciatori“, das Heizungen und Klimaanlagen baute. Ausserdem wollte er Hubschrauber entwickeln, wie es bereits MV Agusta, die berühmte Motorradschmiede, tat. Allerdings verweigerte ihm die italienische Regierung die notwendigen Lizenzen, so dass er sich wieder auf den Traktorenbau konzentrierte.

Kurze Zeit später erfolgte dann die Geburtsstunde von „Automobili Lamborghini Holding S.p.A.“, die den Namen des italienischen Ingenieurs weltweit bekannt machen sollte. Dazu gibt es eine Legende, die aber bis heute nicht offiziell bestätigt wurde. Auch auf der aktuellen deutschsprachigen Webseite finden sich keinerlei Hinweise darauf.


Ferruccio Lamborghini (Bild: ignoto, Wikimedia)


Für einen Technik-Experten und erfolgreichen italienischen Unternehmer wie Ferruccio Lamborghini war es natürlich „standesgemäss“, sich einen Ferrari zu kaufen. Nach der Auslieferung und den ersten Kilometern mit dem Wagen stellte Lamborghini zahlreiche Mängel in der Verarbeitung fest und dachte über Verbesserungsmöglichkeiten nach. Anschliessend begann er eine Korrespondenz – bzw. versuchte es – mit Enzo Ferrari über seine Entdeckungen und Erfahrungen. Der „Commendatore“ war allerdings wenig begeistert und antwortete ihm auf eine abschlägige und arrogante Art. Als erfolgreicher Renn- und Sportwagenbauer müsse sich Ferrari nicht von einem Traktorenhersteller belehren lassen. Dieser solle seine Maschinen fahren und die Finger von hochklassigen Sportwagen lassen. Angeblich habe sich Enzo Ferrari auch geweigert, ein Gespräch mit Lamborghini zu führen. Viele Experten bezweifeln jedoch den Wahrheitsgehalt dieser Anekdoten.

Wie auch immer: Lamborghini begann jedenfalls Ende 1962 mit seinem neuen Projekt, der Konstruktion und dem Bau von Sportwagen. Die Konkurrenz von Ferrari dürfte ihm dabei zumindest als Messlatte gedient haben. Als er seine Entscheidung verkündete, dachten die meisten Leute, er sei völlig verrückt geworden. Sozusagen aus dem Nichts gegen Ferrari antreten zu wollen, hielt jeder für eine komplett sinnlose Verschwendung von Geld und Energie. Es ging die Befürchtung um, dass Lamborghini mit diesem riskanten Sprung auf unbekanntes Terrain sein Vermögen vernichten würde, ohne jemals Gewinn einzufahren.


Lamborghini 350 GT im Museum Lamborghini (Bild: Arnaud 25, Wikimedia, CC)


Der Unternehmer liess sich allerdings nicht beirren. Er gründete im Mai 1963 die Firma „Automobili Ferruccio Lamborghini“ und erwarb ein grosses Grundstück in Sant’Agata Bolognese, gelegen zwischen Modena und Bologna. Mit grosser Akribie machte er sich ans Werk, bei dem ihm die bisherigen Erfahrungen mit seinen anderen Unternehmen halfen. Er wusste genau, welche Anlagen er brauchte. Am Ende stand eine nagelneue, ultramoderne und grosse Fabrik mit einer extrem funktionalen Struktur, die zur damaligen Zeit im Autobau einzigartig war. Das Hauptgebäude der Produktion grenzte direkt an die Verwaltung, so dass das Management jederzeit einen Überblick über die aktuelle Lage hatte. Lamborghini war bekannt dafür, die Ärmel hochzukrempeln und selbst Hand anzulegen, wenn nicht alles nach seinen Vorstellungen lief.

Schon wenige Monate später, auf dem Turiner Autosalon im November 1963, präsentierte Lamborghini seinen ersten Prototypen, den 350 GTV, der von der Fachwelt einhellig als Meisterwerk gefeiert wurde.

 

Oberstes Bild: Lamborghini 350 GT (© Ralf Roletschek, Wikimedia, GNU)

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Mehr zu Ulrich Beck

hat Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist zusätzlich ausgebildeter Mediendesigner im Segment Druck. Er schreibt seit über 30 Jahren belletristische Texte und seit rund zwei Jahrzehnten für Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Branchen.

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