Fahrzeugkameras – reines Spielzeug oder wirklicher Nutzen?
In Österreich beispielsweise ist es sogar verboten, die eigene Fahrt mit einer derartigen Kamera zu dokumentieren. Doch was ist diese Kamera nun? Eine Hilfe, wenn man bei einem Unfall Geschädigter ist? Oder ist es doch nur ein überflüssiges Spielzeug der Hightech-Generation, welches eventuell sogar dazu verleitet, schneller als erlaubt zu fahren? Birgt die Fahrzeugkamera Risiken für den Fahrer?
Was ist eine Fahrzeugkamera?
Unter einer Fahrzeugkamera versteht man eine digitale Kamera – in der Art einer Webcam –, die auf dem Armaturenbrett oder direkt an der Windschutzscheibe des Fahrzeugs befestigt wird. Ihr eingedeutscher Name „Dashcam“ leitet sich vom englischen Begriff für das Armaturenbrett, dash board, ab. Die Cams bieten die Möglichkeit, mittels Speicherchip (SD Memory Card oder Micro SD Card) Aufnahmen bis zu einem Volumen von 64 Gigabyte abzuspeichern. Ist der Speicher gefüllt, wird er von der ältesten Aufnahme anfangend überschrieben.
Wer sich die geforderten 60 bis 500 Franken für eine Fahrzeugkamera sparen möchte, kann auch sein Smartphone zu einer Fahrzeugkamera umfunktionieren. Die entsprechenden Apps für das iPhone oder Android-Systeme sind in der Regel kostenfrei und leicht herunterzuladen. Dass diese kostenfreie Variante qualitativ den fest montierten Geräten unterlegen ist und sie im Normalfall keine Funktion für Nachtaufnahmen hat, versteht sich sicherlich von selbst, denn der Preisunterschied muss ja begründbar sein.
Wie verhält es sich bei Fahrzeugkameras mit der rechtlichen Situation?
Fahrzeugkameras und deren Einsatz sind in Europa alles, nur ganz sicher nicht unumstritten. Dadurch, dass die Kamera permanent Aufnahmen liefert, kollidiert nach der Rechtsauffassung nicht weniger Juristen der Einsatz solcher Kamerasysteme mit dem Datenschutz und auch dem Recht am eigenen Bild. Nicht jeder Mensch, der am Strassenverkehr als Fahrer, Beifahrer oder auch nur als Fussgänger teilnimmt, möchte aufgenommen werden und sein Bildmaterial unter Umständen auf den einschlägig bekannten Videoplattformen verbreitet wissen.
Aus diesem Grund hat sich zum Beispiel in Österreich die Rechtsauffassung durchgesetzt, die Fahrzeugkamera und deren Einsatz zu verbieten. Wer gegen geltendes Recht verstösst und die Cam einsetzt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Schon für „Ersttäter“ sind Strafgelder von bis zu 10’000 Euro möglich, im Wiederholungsfall drohen gar bis 25’000 Euro an Geldbusse.
In der Schweiz ist der Einsatz der Fahrzeugkamera nicht verboten und doch umstritten. Es bestehe derzeit, so Digitec, eine ständig steigende Nachfrage. Das Bundesamt für Strassen der Schweiz sieht in dem Einsatz des Kamerasystems keinen Verstoss gegen geltendes Strassenverkehrsrecht, sofern die Fahrzeugkamera so montiert wurde, dass das Sichtfeld des Fahrers nicht beeinträchtigt wird. Die Bedienung der Kamera während der Fahrt ist in der Schweiz untersagt.
Beamte des Amtes der Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten sehen das anders als das Bundesamt. Dort verortet man im Einsatz der Fahrzeugkamera Problembereiche. Dass Personen, die am Strassenverkehr teilnehmen, oft zweifelsfrei zu erkennen sind, ohne vorher über die Aufnahme informiert zu werden, sieht man im Amt überaus kritisch. Unter dieser Prämisse ist auch die Empfehlung zu sehen, dass man auf den Einsatz einer Fahrzeugkamera verzichten sollte. Auch die Versicherungen der Schweiz sehen in der Kamera nicht der Weisheit letzten Schluss und empfehlen zur Unfalldokumentation eher Unfalldatenspeicher als eine Fahrzeugkamera.
In Deutschland ist die Rechtslage eher indifferent. Da werden die Aufnahmen mal vom Gericht als Beweismittel bei einem Unfall akzeptiert und mal eben nicht. Hier bleibt es alleine dem zuständigen Richter überlassen, ob er die Aufnahmen als Beweismittel zulässt. In Grossbritannien wird es wiederum ganz anders gehandhabt. Da werden durch Versicherungen sogar Rabatte ausgelobt, bringt ein Versicherter eine Fahrzeugkamera im Fahrzeug an. So lässt sich der Jahresbeitrag in manchen Fällen nicht unerheblich senken, wodurch die Verkäufe von Fahrzeugkameras natürlich enorm florieren.
Dauerüberwachung durch den Strassenverkehr
Erinnern wir uns, welche Aufregung die Tatsache verursachte, dass Google Street View seine Kamerawagen durch Europa schickte. Wie werden es diese Menschen sehen, dass sie davon ausgehen müssen, im Nebenfahrzeug nehme man sie permanent auf? Wie reagiert der untreue Ehemann oder die untreue Ehefrau, die plötzlich demaskiert werden, da sie mit ihrem „Fehltritt“ auf YouTube auftauchen, und das nur, weil jemand dort seine Fahrt-Mitschnitte veröffentlicht sehen will?
Der Strassenverkehr findet im öffentlichen Raum statt, für den europaweit enge rechtliche Vorschriften hinsichtlich permanenter Videoüberwachung gelten. So ist es nicht selten vorgeschrieben, dass der Hinweis erfolgen muss, dass Flächen videoüberwacht werden – zum Beispiel in Banken. Muss nun jedes Fahrzeug, welches die Fahrzeugkamera einsetzt, irgendwann deutlich sichtbar einen Warnhinweis tragen, dass der Fahrer Aufnahmen schiesst? Doch wie will man dem Fahrzeug, wenn man nicht mit Aufnahmen einverstanden ist, ausweichen?
Notwendig, das lässt sich deutlich sagen, sind Fahrzeugkameras auf jeden Fall nicht. Was das Rechtliche angeht, bewegt sich der Einsatz in einer Grauzone, die jederzeit durch die Gesetzgeber geklärt werden kann. Und sie sind sogar bei einem Unfall ein eher zweischneidiges Schwert, kann doch durch die Fahrzeugkamera offensichtlich werden, dass das eigentliche Unfallopfer zumindest eine Mitschuld am Unfall trägt. Man muss sich verdeutlichen: Wird die Aufnahme vom Unfall gerichtlich zugelassen, kann das Pendel zu beiden Seiten ausschlagen.
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