Einheitliche Steckertypen für Elektrofahrzeuge
VON Daniel Lehrmann Allgemein Auto
Die Probleme mit dem Elektroauto
Die Leistung stimmt, die Reichweite wird fast jährlich erhöht und umweltfreundlich sind die Fahrzeuge obendrein. Trotzdem ist es nach wie vor sehr schwierig, einen solchen Wagen zu fahren. Schuld daran ist vor allem das unübersichtliche Betankungsverfahren: Zwar existieren bereits einige hundert Ladestationen in der ganzen Schweiz, wirklich flächendeckend ist das Tankstellennetz damit aber noch lange nicht.
Am besten ist es also, wenn daheim eine Steckdose in der Garage vorhanden ist – und am Arbeitsplatz auch, und zwar in der Nähe der Parkplätze. All das sind Probleme, die jedoch angesichts der Steckervielfalt verblassen: Drei unterschiedliche Steckertypen gibt es, die untereinander natürlich nicht kompatibel sind. Der in Deutschland entwickelte Typ 2 galt vor einigen Monaten bei der Suche nach einer einheitlichen Lösung zwar als Favorit, aber das hilft den Besitzern der jetzigen elektrischen Fahrzeuge nicht viel. Werfen wir also einen kurzen Blick auf die derzeitige Marktsituation:
Typ 1 – Dieser Stecker wurde in Japan entwickelt und kommt daher auch vornehmlich in Fahrzeugen japanischer Herstellung zum Einsatz. Kompatibel zu den anderen Typen ist der Stecker nicht. Weiterhin setzen auch die USA in ihren e-Wagen meist auf den Typ 1.
Typ 2 – Aus Deutschland von der Firma Mennekes stammt dieser Steckertyp. Er gilt als leistungsfähig, robust, ausgereift – und damit als idealer Kandidat für einen einheitlichen Stecker.
Typ 3 – Eine gemeinsame Produktion aus Italien und Frankreich hat diesen Steckertypen hervorgebracht. Als Alleinstellungsmerkmal besitzt er eine Art Kindersicherung, welche einer unachtsamen Nutzung vorbeugen soll. Zu den anderen Typen ist er selbstverständlich nicht kompatibel.
Verwirrung an allen Fronten
Neben diesen Steckertypen hat die Autoindustrie auch unterschiedliche Schnellladesysteme entwickelt. Diese sind unbedingt notwendig, um den Akku in relativ kurzer Zeit – also etwa einer halben Stunde – wieder zu laden. Wäre das nicht der Fall, müsste jeder Fahrer eines solchen Wagens an einer Tankstelle mehrere Stunden warten, bevor es wieder auf die Reise geht – undenkbar.
Hier gibt es unter anderem das ebenfalls in Japan entwickelte Chademo-System. Aber CCS (das Combined Charging System) und Supercharger stehen ebenfalls bereit. Sie alle sind untereinander nicht kompatibel und können auch nicht mit jedem Stecker umgehen. Die Verwirrung ist also perfekt: Die potenziellen Kunden müssen nicht nur eine perfekte Entscheidung bezüglich des Ladesteckers treffen – eine Unmöglichkeit -, sondern auch noch wissen, wo sich welche Schnellladestationen befinden, um längere Reisen angehen zu können.
Die Autohersteller beklagen sich seit Jahren über ein eher durchwachsenes Interesse der Kundschaft an den Elektroautos, doch sind die meisten Probleme hier wohl ausgemacht. Das hat auch die EU so gesehen und daher endlich Abhilfe geschaffen.
Einfacher tanken – zumindest in Europa
Am 27. März hat die EU bekanntgegeben, dass sich das Parlament, eine EU-Kommission und die teilnehmenden Staaten auf einen einzigen Steckertypen geeinigt haben. In Zukunft werden innerhalb der EU also nur noch Wagen gebaut oder verkauft, welche auf den Typ 2 als Stecker setzen. Für die Autohersteller dürfte dies die Planung zukünftiger Modelle deutlich erleichtern, wovon dann am Ende auch der Kunde durch günstigere Preise profitieren sollte.
Aber: Ein Allheilmittel ist der neue Beschluss nicht, denn Autos werden natürlich auch ausserhalb von Europa gefahren. In Japan oder den USA, wo nach wie vor der Typ 1 verwendet wird, können auch die nach dem Beschluss hergestellten Autos nicht tanken. Abhilfe schaffen könnte das Laden per Induktion, doch bis diese Technologie serienreif und eine ausreichende Menge Ladestationen sowie kompatibler Fahrzeuge auf den Strassen unterwegs ist, dürfte noch viel Zeit vergehen.
Laden per Induktion als Alternative?
Sirri Karabag aus Hamburg hatte die Idee, Autos einfach per Induktion zu laden (was in etwa dasselbe Prinzip wie bei der elektrischen Zahnbürste ist). Bei dem bereits funktionierenden System muss der Autofahrer mit dem Nummernschild in eine Vorrichtung fahren, über welche dann kabellos der Strom übertragen wird. Airbus beispielsweise setzt dieses System auf seinem Werksgelände in Deutschland ein, für „echte“ Autofahrer wäre Induktionsladen auch denkbar – allerdings müssen die Hersteller mitspielen. Bislang kostet eine Ladestation 6’000 Franken, was für eine weitreichende Verbreitung einfach zu viel ist.
Schnellerer Ausbau
Da es jedoch nicht allein am Steckerkabel hing, hat die EU noch weitere Beschlüsse gefasst: Bis 2020 beispielsweise soll es genügend Ladestationen in allen Grossstädten oder zumindest stadtnahen Gebieten geben, damit der Fahrer praktisch keine Einschränkungen gegenüber benzingetriebenen Modellen hinnehmen muss. Was genau „genügend Ladestationen“ bedeutet, ist jedoch unklar, denn genaue Zahlen zum geplanten Tankstellennetz gibt es nicht.
Es gibt übrigens bislang kein einziges Land, welches ein wirklich flächendeckendes Tankstellennetz für Elektroautos vorweisen kann. Ein zukünftiges Engagement wäre in dieser Richtung also sehr wichtig, denn sonst wird den elektrisch betriebenen Fahrzeugen niemals der Durchbruch gelingen – und das wollen weder die Hersteller noch die Kunden noch die Umwelt.
Oberstes Bild: Das Tankstellennetz ist noch lange nicht flächendeckend (Bild: Igor Sokolov (breeze) / Shutterstock.com)