Der neue VW e-Golf: Kann der Golf auch elektrisch?

Der VW Golf als lebende Legende ist wohl einer der bekanntesten Kleinwagen, die über internationale Strassen fahren. Bei Volkswagen hat man offenbar die Zeichen der Zeit erkannt, denn nun erblickt der e-Golf das Licht der Welt: elektrisch, umweltfreundlich, jung und dynamisch soll sich der Wagen präsentieren. Ob das klappt, zeigt dieser Bericht.

Golf bleibt Golf

Vergleichbare Konkurrenzmodelle – wie etwa der ebenfalls nagelneue i3 von BMW – wollen gleich alles anders machen und mit zahlreicher Zusatzausstattung den Elektroantrieb schon fast als Banalität dastehen lassen. Beim e-Golf hat man sich bewusst gegen diese Fahrtrichtung entschieden: Ein bläulich schimmerndes VW-Logo soll die Nähe zur Umwelt repräsentieren, einige dünne, ebenfalls blaue Linien im Design (wie etwa am Kühlergrill) erfüllen denselben Zweck. Allerdings war es das dann auch schon. Gewohnt zurückhaltend, fast konservativ und bieder rollt auch der elektrische Golf über den Asphalt.

Dahinter steckt eine einfache Formel, welche Kunden des Unternehmens gefallen soll: Wer schon mit einem komplett neuen Antrieb zurechtkommen muss, sollte ansonsten den gewohnten Golf-Look und auch das gleiche Fahrgefühl erhalten. Umgewöhnung ist also in Ordnung – aber nur in Massen. Da es für Verkaufsprognosen noch zu früh ist, bleibt abzuwarten, wie dieses Vorgehen bei der Kundschaft ankommt.


Volkswagen e-Golf auf der Los Angeles Auto Show 2013 (Bild: Mariordo, Wikimedia, CC)


Elektrisch für alle

VW möchte sich beim e-Golf nicht auf die Strategie zahlreicher Mitbewerber verlassen. Dort werden elektrisch betriebene Autos häufig als Nischenmodelle angesehen: Kleine Stückzahlen werden begleitet von einem dezenten, fast schon zurückhaltenden Marketing, ausserdem werden meist Besserverdiener mit einem Hang zu Hightech angesprochen. Volkswagen möchte davon nichts wissen. Der e-Golf soll in ausreichend grossen Stückzahlen vom Band rollen, eine Breitenwirkung auf die typischen Käufer des Golfs soll erzielt werden. Idealerweise möchten junge Erwachsene – die Hauptzielgruppe des Golfs – also genauso gerne zum elektrischen Golf greifen wie zur benzinbetriebenen Variante.

Aber wie fährt er sich überhaupt?

Damit das gelingt, muss eine gewisse Freude am Fahren natürlich vorhanden sein. Die folgende Nachricht kann daher sowohl positiv als auch negativ aufgefasst werden: Der e-Golf fährt sich in der normalen Einstellung (dazu mehr im nächsten Absatz) im Prinzip genauso wie ein normaler Golf. Er behauptet sich solide sowohl im Stadtverkehr als auch auf Autobahnen, es gibt praktisch keine Strassenzüge, die dem Fahrzeug nicht schmecken, und Ausreisser aus der Komfortzone gibt es nicht zu beobachten. Der e-Golf ist also durchaus ein berechenbares Stück Auto – genauso wie sein „grosser Bruder“.

Auffällige Änderungen gibt es eher anhand der Geräuschkulisse zu beobachten, denn der e-Golf gleitet bei einem ausreichend gesunden Strassenbelag deutlich leiser dahin. Auch die Beschleunigung aus dem Stillstand klappt noch besser als beispielsweise beim GTI. Wer den klassischen Golf bereits in diversen Varianten erlebt hat, wird mit dem e-Golf also aller Voraussicht nach ebenfalls glücklich werden – und auch der Geldbeutel freut sich angesichts des Verbrauchs.


IAA Frankfurt 2013 – Volkswagen e-Golf (Bild: MotorBlog, Wikimedia, CC)


Wie fahren Sie am liebsten?

Vor Fahrtbeginn lassen sich diverse Fahrprogramme einstellen, um den e-Golf beispielsweise auf einen besonders sparsamen Verbrauch oder auf „Vergnügen“ zu trimmen. Grundsätzlich sagt man bei Volkswagen, dass das Fahrzeug eine Reichweite von etwa 190 Kilometern besitzt – durchschnittlich. Dabei kommt es stark auf den Fahrer und die verwendeten Modi an. Drei verschiedene Stufen stehen dabei zur Auswahl:

  • Der normale Modus entlockt dem Motor des e-Golfs 115 PS. Gleichzeitig sind alle zusätzlichen Komfortfeatures – wie etwa die Klimaanlage – vollständig einsatzbereit.
  • Im Eco-Modus wird die Leistung des Motors auf 95 PS gedrosselt. Die Klimaanlage steht weiterhin zur Verfügung, allerdings nur noch mit halber Leistung.
  • Der letzte Eco-Plus-Modus senkt die Leistung auf nur noch 75 PS ab. Die Klimaanlage quittiert den Dienst.

Als Fahrer bemerkt man den Unterschied zwischen den einzelnen Stufen sofort: Von der Spritzigkeit und dem schnellen Antritt des e-Golfs ist im Eco-Plus-Modus nicht mehr viel zu spüren. Man mag kaum glauben, dass man noch im selben Auto sitzt. Gleichzeitig haben die Einstellungen tatsächlich hohe Auswirkungen auf die Reichweite: Ein Gewinn von 20 % beim Wechseln vom normalen Betrieb in die sparsamste Variante ist keine Seltenheit. Die Sparsamkeit kann der Fahrer dann eventuell auch auf dem Konto bemerken: Die Energiekosten sollen sich beim e-Golf auf nur etwas mehr als vier Franken für 100 gefahrene Kilometer belaufen.



(Noch) Kein Auto für jedermann

Zwar lesen sich Fahrtberichte und technische Eckdaten des e-Golfs gut, aber zumindest derzeit dürfte der Einstieg in die elektrische Automobilwelt für viele potenzielle Käufer am Preis scheitern: Der Wagen kostet 42’300 Franken. Das ist genauso viel wie der erwähnte i3 beispielsweise, was aber den absoluten Preis natürlich nicht minder horrend erscheinen lässt. Bei VW versteht man die Aufregung nicht: Da der e-Golf mit zahlreicher teurer Zusatzausstattung auf den Markt kommt – wie etwa LED-Scheinwerfern oder dem eingebauten Navigationssystem –, könne man die Preise nicht direkt mit dem Benziner-Golf vergleichen. Ähnlich ausgestattete Benziner würden nur 6000 Franken weniger kosten.

Zwar mag dies stimmen, aber ob die möglichen Käufer alleine mit ein bisschen Mathematik umzustimmen sind, dürfte fraglich sein. Dennoch: Die Weichen sind nun auch bei VW gestellt, das mit dem e-Golf sein ganz persönliches Model T der Elektromobilität vorgelegt hat.

 

Oberstes Bild: Der VW e-Golf erblickt das Licht der Welt. (© Christopher Halloran / Shutterstock.com)

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