Das Google-Auto ist da – die Zukunft hat begonnen!

In Kalifornien wurde vor wenigen Tagen das „Google-Auto“ vorgestellt, das in einen handelsüblichen Lieferwagen passt. Es wird auf den ersten Blick durchaus als Auto identifiziert.

Eine dünne und sehr zerbrechlich wirkende Karosserie mit einer grossen Windschutzscheibe und zwei Türen prägen das äussere Erscheinungsbild. Die Gestaltung des Gesichtes mit elliptischen Scheinwerfern und einem ovalen, aber funktionslosen Kühlergrill, ist wohl von Teddybären inspiriert worden. Optisch verortet man das Vehikel zwischen Tata Nano und Buntglascontainer. Doch dies scheint volle Absicht zu sein.

Was, zwischen „süss“ und „lächerlich“ empfunden, gerade seine ersten Testrunden abkullert, hat in Wahrheit das Zeug zum Atomschlag für die etablierte Automobilindustrie. Damit sind nicht nur die Hersteller gemeint. Auch die gesamte Peripherie, einschliesslich der Bauwirtschaft, des Versicherungswesens und der ÖPNV-Konkurrenz, haben allen Grund dazu, das niedliche Vehikel eher als trojanisches Pferd wahrzunehmen.

Kein Lenkrad, keine Bremsen, keine Schaltung – nur ein Display, welches die Ankunftszeit angibt, darin liegt das eigentliche Geheimnis dieser Fahrkugel. Denn das Google-Auto ist das, was der Begriff „Automobil“ eigentlich bedeutet: Es fährt selbst. Der Fahrer wird nicht mehr gebraucht. Das Google-Mobil hat keinen Piloten mehr, sondern nur noch Passagiere. Doch was bedeutet das wirklich?

Was verbindet man mit einem Auto? Zwar ist es durchaus in erster Linie das Universalwerkzeug für den Personen- und Gütertransport. Zwei Punkte auf der Landkarte sind in den meisten Fällen am bequemsten, schnellsten und komfortabelsten mit dem Auto zu verbinden. Doch seit Beginn des Siegeszuges dieser Form des Transportes kämpft die Welt auch mit den ungeliebten Konsequenzen. Ein Auto im Privatbesitz braucht Platz. Es muss irgendwo abgestellt werden, wenn es nicht gebraucht wird.

Und das macht es über 90 % seiner gesamten Lebensdauer: nichts als herumstehen. Ferner birgt das Bewegen des Autos mittels eines menschlichen Fahrers auch stets das Risiko von Unfällen. Das Gros der Unfälle geht auf das Konto von Fahrfehlern. Und letztendlich: Ein Auto kostet geradezu irrationale Summen Geldes. Der Wertverlust eines Neuwagens ist eine Vernichtung von Kapital, wie sie mit keinem anderen Wirtschaftsgut vollzogen wird.

Hinzu kommen riesige Summen, welche für seine Versicherung und die Beseitigung der verursachten Schäden aufgebracht werden müssen. Schliesslich müssen auch die infrastrukturellen Massnahmen finanziert werden, wie beispielsweise Parkplätze und Parkhäuser.

Aber auch die Verkehrsleitsysteme wie Schilder, Beleuchtungen und Ampeln schlagen mit einem jährlichen Milliardenbedarf für den Steuerzahler zu Buche. All dies wird in Kauf genommen, denn ein Auto ist noch mehr. Kein Gegenstand ist dermassen emotional aufgeladen wie ein Auto. Als Ausdruck von Potenz, persönlicher Freiheit und Status halten viele das Auto für unverzichtbar. Der Preis dafür sind nicht zuletzt immer noch über 26’000 Verkehrstote pro Jahr, alleine in der Schweiz. Das eigene Auto war trotz aller Kosten und Nachteile bislang alternativlos. Bis jetzt.



Da rollt nun das unschuldig dreinblickende Google-Mobil über die Teststrecken. Die Auslieferung der ersten Fahrzeuge an Kunden soll innerhalb der nächsten Jahre stattfinden. Eine rechtliche Hürde ist noch zu nehmen: Die selbstfahrenden Mobile müssen leer fahren dürfen. Dann aber wird es wohl sehr schnell gehen.

Von einem selbstfahrenden Mobil kann erwartet werden, dass es äusserst präzise und weit vorausschauend seine Umgebung abtastet. Die Technik mit Laser, Ultraschall und vielen anderen Lösungen ist heute verfügbar. Das bedeutet, dass diese Fahrzeuge in einem nahezu perfekten Mass Unfälle vermeiden können. Das wird das menschengelenkte Auto von heute schlagartig in ein sehr schlechtes Licht rücken.

Schliesslich wird man sich zu Recht die Frage stellen: Wofür brauche ich denn unbedingt noch ein eigenes Mobil? Die Idee des „autonom fahrenden Automobils“ ist schliesslich, dass man es sich herbeiruft, wenn man es braucht, und weiterziehen lässt, wenn man sein Ziel erreicht hat. Eine Karriere als Taxifahrer oder Fahrlehrer ist also mutmasslich nicht mehr zu empfehlen.

Bleiben aber die Autokäufer aus, dann haben die Automobilwirtschaft und alle angeschlossenen Zulieferer ein grosses Problem. Schon heute stehen Zehntausende unverkaufte Autos auf riesigen Halden. Doch kann die Angst vor einem dramatischen Umbruch wirklich ein Grund für die Nichteinführung einer Technologie sein, welche das Zeug hat, die Menschheit einen Riesenschritt voranzubringen? Die Automatisierung hat seit der Erfindung des mechanischen Webstuhls immer zunächst Opfer gefordert, dann aber zur erheblichen Steigerung des allgemeinen Wohlstands beigetragen. Dies wird beim autonomen Fahrzeug genauso sein.

Die Angst der Hersteller und Zulieferer ist unbegründet. Die kleinen umherbrummenden Vehikel haben aus wirtschaftlicher Sicht einen deutlichen Vorteil gegenüber dem selbst besessenen Auto: Sie verschleissen schneller und kalkulierbarer. Ein permanent bewegtes Fahrzeug, welches wirklich entlang seiner gesamten Lebensdauer in Gebrauch ist, wird keine zehn Jahre durchhalten. Die ungenutzt herumstehenden Fahrzeuge von heute gehören dann der Vergangenheit an und blockieren keine Neukäufe mehr. Diese werden dann eben nur noch von den Anbietern der autonomen Mietmobile durchgeführt.
Beim Nutzer selbst ergibt sich der Vorteil, dass er nur für das punktuelle Verwenden des Fahrzeugs bezahlen muss. Parkgebühren, Steuern, Versicherungen, Wartungskosten und vor allem der enorme Wertverlust werden vollständig wegfallen bzw. in die Nutzungsgebühr einfliessen. Dann bezahlt der Kunde aber wirklich nur noch das, was er auch gerade benötigt. Eigentlich sind es doch tolle Aussichten. Und über 20’000 Schweizer pro Jahr dürfen weiterleben.

 

Oberstes Bild: © l i g h t p o e t – Shutterstock.com

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