Cadillac CTS – wieder nur eine Lachnummer?

Cadillac. Dieser Name steht für Fahrzeuge, welche in Sachen Laufruhe, Dimensionen, Benzinverbrauch und Gediegenheit in einer eigenen Klasse spielen. In den USA seit jeher ein fester Bestandteil der Autokultur, konnte sich die US-Edelmarke nie so recht in Europa durchsetzen. Zu stark war die deutsche und britische Konkurrenz, welche seit jeher auf dem alten Kontinent im Segment der Vorstandsfahrzeuge dominiert.

Obwohl die Ära der riesigen Heckflossen, butterweichen Fahrwerke und enormen Benzinverbräuche auch bei Cadillac schon längst vorbei ist, wird diese Marke nach wie vor in Europa nicht ernst genommen. Das liegt zum Teil auch an den bisherigen Versuchen, hier Fuss zu fassen.

Man muss der Hartnäckigkeit, mit der die ultimative US-amerikanische Edelmarke versucht, den europäischen Markt zu erobern, durchaus Respekt zollen. Regelmässig alle 15 Jahre schicken sie ein neues – für ihre Begriffe „kleines“ – Auto über den Teich. Doch der Erfolg will sich bislang nicht so recht einstellen.

Betrachtet man die Versuche aus der Vergangenheit, „europafreundliche“ Cadillacs zu konstruieren, ist der ausbleibende Markterfolg auch nicht gerade verwunderlich. Den Anfang machte der 1982 erschienene „Cimarron“. Dies war nicht mehr und nicht weniger als die etwas aufgehübschte Version des Opel Ascona C. Wer diese gutmütigen, aber an Spiessigkeit nicht zu überbietenden Fahrzeuge noch kennt, wird sich das Lachen kaum verkneifen können. Damit wollten die Amerikaner allen Ernstes gegen BMW, Mercedes und letzten Endes auch Bentley und Rolls-Royce antreten?


Cadillac Cimarron 1985-1988 (Bild: IFCAR, Wikimedia)


Ob man es glaubt oder nicht: Der zweite Versuch war noch schlimmer. Unter dem Namen „Catera“ debütierte 1996 abermals ein Cadillac mit vergleichsweise kompakten Massen und benzinsparenden Motoren. Dem mit grossem Marketingaufwand angekündigten Fahrzeug folgte nach dem Roll-out ein Medienecho, welches von ungläubigem Entsetzen geprägt war. Cadillac hatte doch tatsächlich abermals ins Opel-Regal gegriffen und versucht, aus dem Brot-und-Butter-Auto „Omega“ ein Edelfahrzeug zu konstruieren.

Obendrein versuchte man auch noch, Geld zu sparen. Beim Cimarron wurde noch so tief wie möglich in die Designkiste gegriffen, um ihn optisch von seinem Stammvater abzugrenzen. Der Catera wurde hingegen nur minimal verändert. Eine winzige Chromleiste über dem ebenfalls verchromten Grill – das war der wesentliche Designunterschied zwischen Omega B und Catera. Der Erfolg war entsprechend katastrophal.


Cadillac Catera2000-2001 (Bild: IFCAR, Wikimedia)


Nun kommt mit dem CTS abermals ein „kleiner“ Cadillac nach Europa. Man stellt sich zu Recht die Frage: Hat man aus den Debakeln um Cimarron und Catera gelernt? Die Antwort ist ein eindeutiges „Jein“. Denn es bedarf keiner allzu grossen Fantasie, um die Verwandtschaft zwischen dem CTS und dem Opel Insignia zu erkennen. Von aussen betrachtet, ist die Eigenständigkeit des CTS dennoch hinreichend. Ein Schock wie bei seinen Vorgängern bleibt dem neugierigen Betrachter erspart.

Der CTS präsentiert sich in der typischen Dynamik, wie man sie von den Neufahrzeugen heute kennt. Mit einem kleinen Unterschied: Alles an ihm wirkt ein wenig dicker aufgetragen. Die seitliche Sicke ist so rasiermesserscharf, wie man sie seit dem legendären Maserati Kashim nicht mehr gesehen hat. Insgesamt scheint die Ära der windkanaloptimierten Seifenkisten vorbei zu sein. Der Cadillac ist eckig, kantig, aggressiv und bemüht sich an Front wie Heck um eine imposante Erscheinung.

Dagegen sprechen die Masse. Mit fünf Metern Länge reiht sich der Wagen gut in die obere Mittelklasse ein. Dafür ist seine äussere Effektschau ein wenig zu dick aufgetragen – aber einem US-Fahrzeug sei dies verziehen.


Cadillac CTS – Osaka Motor Show 2013 (Bild: Tokumeigakarinoaoshima, Wikimedia, CC)


Im Motorraum findet sich indes wieder ein Triebwerk, welches man bei Cadillac nicht – bei seinen Europaversuchen hingegen durchaus – vermutet. Gerade einmal vier Zylinder werden in der Grundmotorisierung angeboten. Lange Gesichter sind hier dennoch unangebracht, die Konkurrenz bietet in dieser Klasse in ihren Einsteigermodellen ebenfalls nicht mehr an.

Mit Turbo und Direkteinspritzung sind dennoch 276 PS mehr als ausreichend, um das mit 1600 Kilogramm erstaunlich leichte Fahrzeug souverän zu bewegen. Ein grosser Teil der Pferdestärken verliert sich in den zahlreichen Komfortfunktionen, aber für ein spurtstarkes Mithalten in seiner Klasse ist die Leistung absolut zufriedenstellend. Mehr ist möglich, bei einem V6 mit maximal 420 PS ist aber Schluss. Ob ein V8 angeboten wird, steht noch nicht fest.

Es hat sich offensichtlich auch in den USA herumgesprochen, dass in dieser Klasse absolute Qualität erwartet wird. So lassen Spaltmasse und Verarbeitung keine Wünsche offen. Man fühlt sich auch als überzeugter Mercedesfahrer im Cadillac wohl und zu Hause. Wenn da nicht die Details wären: Zahlreiche Schalter, Hebel und Regler stammen aus dem Opel-Teileregal. Mit ähnlichen Fauxpas hat Ford vor zehn Jahren die Marke Jaguar ruiniert, als sie versucht haben, einen leicht umgedengelten Mondeo als Luxusfahrzeug zu verkaufen.



Es ist absolut unverständlich, warum bei diesen unkritischen und preiswerten Bauteilen kein eigenständiges Design entwickelt wird. Dies ist aber auch der einzige Punkt, an dem es etwas zu bemängeln gäbe.

Insgesamt präsentiert sich der CTS sehr selbstbewusst. Die heute skurril und albern wirkenden Versuche aus der Vergangenheit sind mit diesem Fahrzeug vergeben und vergessen. Durchsetzen wird er sich vorerst dennoch nicht, dafür sind die etablierten Marken und Modelle einfach zu mächtig. Doch dies hat man auch einmal von Audi behauptet. Es bleibt, der Marke weiterhin Mut zu wünschen und mit weiteren Modellen den Fuss in die Tür des europäischen Marktes zu bekommen. Das Zeug zum Türöffner hat der CTS allemal.

 

Oberstes Bild: Das neue Modell CTS der General-Motors-Marke Cadillac (© Darren Brode / Shutterstock.com)

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