Rennwagen, Sportwagen, Luxuslimousinen - Bugatti war in allen Segmenten aussergewöhnlich - Teil 2

In letzter Sekunde rettete ihn ein Grossauftrag der französischen Regierung, die einen Hochgeschwindigkeitszug haben wollte. Der Autoenthusiast Bugatti sagte nicht nein und verpflanzte kurzerhand das gewaltige Aggregat des Royale in den Triebwagen. Mit den Erlösen konnte er sich über die Wirtschaftskrise retten. Weitere Versuche, ausserhalb des Automobilbaus Fuss zu fassen, hatten weniger Erfolg. Bugatti versuchte sich in Rennbooten und sogar an einem Flugzeug, dem Modell 100P. Letzteres wurde allerdings nie vollendet.

Ab 1934 entwickelte Bugatti dann nur noch ein einziges Automobil für die Strasse, den Tourenwagen Type 57. Mit 750 verkauften Exemplaren in verschiedenen Karosserieversionen wurde das Modell noch recht erfolgreich. Die Entwürfe stammten von Ettores Sohn Jean Bugatti, der 1936 die Führung des Unternehmens antrat und auch noch den Rennwagen Type 59 produzierte.

Dies ist ein Bericht über die Automarke Bugatti in zwei Teilen. Hier das Inhaltsverzeichnis:

Teil 1: Rennwagen, Sportwagen, Luxuslimousinen – Bugatti war in allen Segmenten aussergewöhnlich

Teil 2: Rennwagen, Sportwagen, Luxuslimousinen – Bugatti war in allen Segmenten aussergewöhnlich


Bugatti Type 57 (Bild: M.v.Volante, Wikimedia, CC)


Das Jahr 1939 war in zweifacher Hinsicht eine Tragödie für Bugatti. Im August verunglückte Jean bei einer Testfahrt mit einer Rennversion des Type 57 tödlich. Und mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im September kam das Aus für die Edelschmiede. Die Welt verlangte nunmehr Rüstungsgüter statt Sportwagen und Luxuslimousinen. Ettore und sein zweiter Sohn Roland starteten zwar nach dem Krieg einen Versuch, die Produktion in Molsheim noch einmal anzukurbeln, aber sie verfügten nicht über die finanziellen Mittel, um langfristig Erfolg zu haben. Die Produktion wurde nach und nach eingestellt.

Bugatti Type 57SC Atlantic, 1938 (Bild: Sfoskett, Wikimedia, GNU)


Ettore starb am 21. August 1947 und wurde in der Nähe von Molsheim im Grab der Familie bestattet. Unter seiner Ägide wurden etwas mehr als 7’900 Fahrzeuge gebaut, von denen heute schätzungsweise noch rund 2’000 existieren. Ebenso wie seine Autos war auch seine Lebensweise sehr exzentrisch. Er galt als schillernde, launige Person, als eitler Lebemann und Gourmet. Ausserdem züchtete er als Pferdeliebhaber seine eigenen Vollblüter. Es wird kolportiert, dass er nach seinen morgendlichen Ausritten oftmals seine Mitarbeiter in den Werkshallen hoch zu Ross besuchte. Und wenn ihm ein Kunde nicht passte, verkaufte er ihm kein Auto, ganz gleich wie reich derjenige war.

Vierzig Jahre nach Ettores Tod kam es zum ersten Wiederbelebungversuch der Marke unter Romano Artioli, einem italienischen Unternehmer, dem zeitweilig auch Lotus gehörte. Als einer der grössten Ferrari-Händler weltweit und erfolgreicher Importeur japanischer Autos war er mit der Branche vertraut. Nach dem Erwerb der Namensrechte gründete er bei Modena (Italien) die „Bugatti Automobil S.p.A. 1989 präsentierte er den EB 110 GT, der grosses Aufsehen erregte, wegen finanzieller Probleme allerdings nie zur Serienproduktion gelangte.


Bugatti EB110 GT (Bild: edvvc, Wikimedia, CC)


Das war der Moment, als VW zuschlug. Der Wolfsburger Konzern übernahm 1998 die Rechte an der Marke und liess von der italienischen Designfirma Italdesign den EB 118 schneidern, eine Limousine mit 18 Zylindern und 555 PS, die ihre Premiere auf dem Genfer Autosalon 1999 feierte. Es folgten Varianten dieses Modells, dann der 18/3 Chiron und der Veyron EB 18.4. 2001 startete schliesslich die Produktion des „endgültigen“ Supersportwagens Bugatti EB 16/4 Veyron. Die erste Reihe von 50 Fahrzeugen war trotz eines Stückpreises von 1,2 Millionen Euro in kürzester Zeit ausverkauft.

Bugatti EB 118 im Zeithaus der VW-Autostadt, Wolfsburg (Bild: MPW57, Wkimedia, GNU)


Die neuen Bugattis werden wieder in Molsheim im Elsass hergestellt, da gab es für VW kein Wenn und Aber. Auch das dazugehörige Château Saint Jean wurde aufwändig restauriert und dient als Verwaltungs- und Repräsentationsgebäude. Um bedeutende Persönlichkeiten der klassischen Bugatti-Ära zu würdigen, erschienen in den letzten Jahren verschiedene Versionen des Veyron unter dem Label „Les Légendes de Bugatti“:

  • „Jean-Pierre-Wimille“ (Wimille zwar zweimal Sieger in Le Mans für Bugatti)
  • „Jean Bugatti“
  • „Meo Costantini“ (Rennfahrer und Leiter des Werksteams von Bugatti)
  • „Rembrandt Bugatti“
  • „Black Bess“ (eine Reminiszenz an den Bugatti Type 18 „Black Bess“)

Es wird noch eine sechste „Legende“ geben, so lautet der Plan von Bugatti. Alle Versionen sind streng auf drei Exemplare limitiert und kosten mehr als zwei Millionen Euro – und alle Modelle sind ausverkauft.



Bei Sammlern gehören die alten Originale von Bugatti heute zu den begehrtesten Objekten. Der höchste Preis, der bisher für einen Wagen der Marke gezahlt wurde, lag bei 30 Millionen Dollar für einen „Atlantic“. Die bekanntesten Liebhaber waren wohl die Gebrüder Hans und Fritz Schlumpf. Sie besassen eine Textilfabrik in Mülhausen im Elsass, nicht weit von der ehemaligen Produktionsstätte entfernt. In einer alten Fertigungshalle verwahrten sie sage und schreibe 123 Bugattis. Heute befindet sich dort mit der „Collection Schlumpf“ eines der grössten und bedeutendsten Automuseen der Welt überhaupt.

 

Oberstes Bild: Bugatti Veyron 16.4 – Frontansicht (© GerardM, Wikimedia, GNU)

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Mehr zu Ulrich Beck

hat Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist zusätzlich ausgebildeter Mediendesigner im Segment Druck. Er schreibt seit über 30 Jahren belletristische Texte und seit rund zwei Jahrzehnten für Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Branchen.

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