Fiat-Chrysler will Ferrari 2015 an die Börse bringen

Die italienische Fan-Gemeinde trauert, die Wirtschaft freut sich: Der Fiat-Chrysler-Konzern will sein Aushängeschild, den Sportwagenhersteller Ferrari, im Jahr 2015 an die Börse bringen. Als Firmen-Chef Sergio Marchionne Ende Oktober diese Neuigkeit verkündete, schnellte der Aktienkurs des Mutter-Unternehmens an der Börse in Mailand an einem Tag um 15 Prozent in die Höhe.

Viele Italiener sehen darin allerdings nur die Übernahme einer weiteren heimischen Kultmarke durch Ausländer.

Fiat braucht dringend Geld, um seine Zukunftspläne voranzutreiben – dies ist wohl der wesentliche Grund für den Börsengang. Allerdings werden nur rund zehn Prozent der Anteile auf den Markt kommen, der Rest bleibt in der Hand der Fiat-Eigentümer. John Elkann, Enkel des legendären, früheren Chefs Giovanni Agnelli, zeigte sich genauso begeistert wie die potenziellen Investoren und Spekulanten. Nach dem Höhenflug der Aktie wurde der Handel zeitweilig sogar ausgesetzt. Analysten gehen davon aus, dass der Börsenwert von Ferrari irgendwo zwischen drei und fünf Milliarden Euro liegen wird.

Auf italienischen Internetseiten, in Bars und Cafés dagegen herrschte Katerstimmung. Wieder eine Perle, so sagten und dachten viele, der langfristig ein Ausverkauf droht. Viele Italiener glauben, dass die zehn Prozent Aktien für fremde Investoren lediglich ein Anfang seien. Schliesslich haben sie in den vergangenen Jahren schlechte Erfahrungen gemacht: Die italienische Telecom, die Fluglinie Alitalia, Bulgari, Loro Piana, die Stahlwerke Riva sowie der Hersteller von Haushaltsgeräten Indesit – sie alle sind den Bach runtergegangen und wurden zu Schnäppchenpreisen von Ausländern übernommen. So denkt jedenfalls der Normalverbraucher.

Manche wunderten sich auch, warum die Nachricht aus der britischen Hauptstadt London kam. Die Antwort ist einfach: Fiat ist schon seit längerem nicht mehr rein italienisch. Seit dem Kauf von Chrysler und der Verschmelzung der beiden Konzerne zu Fiat Chrysler Automobiles (FCA) arbeitet das Unternehmen nach niederländischem Recht, der Firmensitz aber liegt in London – wahrscheinlich aus steuerlichen Gründen. In der St. James’s Street 25 hat FCA drei Etagen in einem Gebäude bezogen, das der englischen Wirtschaftszeitung „Economist“ gehört. An dieser wiederum ist die Holding Exor der Familie Agnelli beteiligt. Fiat ist schon lange und aus guten Gründen international ausgerichtet.


Ferrari eilt wirtschaftlich von Erfolg zu Erfolg. (Bild: David Schachner – CC BY-SA 3.0)

Fiat hat als Hersteller vornehmlich kleinerer und mittelgrosser Fahrzeuge auf dem hart umkämpften Markt in Europa zuletzt vorwiegend Verluste eingefahren. Einige Werke stehen immer wieder mal über längere Zeiträume still oder arbeiten nur mit halber Kraft. Die Produktion beträgt nur noch ein Viertel der französischen und ein Zehntel der deutschen Konkurrenz – Italien ist, auch wenn die Einheimischen es nicht so recht wahrhaben wollen, schon lange kein Autoland mehr.

Der Zukauf von Chrysler spült zwar dringend benötigtes Geld in die Kassen. Etliche Modelle, darunter der Jeep, laufen jenseits des Atlantiks sehr gut. Allerdings hat die Übernahme auch sehr viel gekostet, und das Geschäft in Europa stottert und stagniert. Nach Meinung von Experten dürfte Fiat zur Zeit auf einem Schuldenberg von zehn bis elf Milliarden Euro sitzen. Marchionne will aber das Vier- bis Fünffache in die weitere Entwicklung stecken. Die Tochter Alfa Romeo soll nach vorne gebracht werden, neue Fiat-Modelle und Änderungen in den Produktionsabläufen stehen auf dem Plan.

Langfristig hat sich Marchionne ehrgeizige Ziele gesteckt. FCA ist mit 4,4 Millionen verkauften Autos derzeit nur der siebtgrösste Produzent der Welt. Bis 2018 will der Fiat-Chef die Zahl auf sieben Millionen Fahrzeuge pro Jahr erhöhen. Mit dem Verkauf von zehn Prozent der Ferrari-Anteile sind die benötigten Summen bei Weitem nicht abzudecken. Von daher liegen die Skeptiker vielleicht nicht so ganz falsch, dass nach und nach noch mehr Aktien auf den Markt kommen.

Ferrari selbst eilt wirtschaftlich von Erfolg zu Erfolg. In 2013 stieg der Umsatz des Sportwagenherstellers um fünf Prozent auf 2,34 Milliarden Euro, der Gewinn kletterte sogar um neun Prozent auf 364 Millionen Euro. Für 2014 sehen die Zahlen noch besser aus. Nur in der Formel 1 läuft es schon länger miserabel. So mancher Ferraristi unkt, dass der ehemalige Präsident Luca di Montezemolo deshalb im Oktober seinen Posten räumen musste. Marchionne bestreitet das. Wahrscheinlich liegt es wohl am fortgeschrittenen Alter Montezemolos. Immerhin wird ihm sein Abschied mit 27 Millionen Euro Abfindung versüsst. Offen bleibt bisher die Frage, ob in der nächsten Zukunft auch die Edelmarken Maserati und Alfa Romeo den Weg von Ferrari gehen werden und an der Börse landen.

 

Oberstes Bild: © Lukasdesign –  CC BY-SA 3.0

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hat Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist zusätzlich ausgebildeter Mediendesigner im Segment Druck. Er schreibt seit über 30 Jahren belletristische Texte und seit rund zwei Jahrzehnten für Auftraggeber aus den unterschiedlichsten Branchen.

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