Elektroauto-Hersteller Tesla stellt Konkurrenz Patente zur Verfügung
VON Thomas Schlösser Auto
Umso überraschender die Ankündigung des Tesla-Mitbegründers Elon Musk, dass der Hersteller der Konkurrenz freien Zugriff auf sämtliche Firmenpatente gewähren werde. Was steckt hinter dem Versprechen von Tesla Motors?
Tesla Motors gibt Patente frei – warum?
Normalerweise sind Firmenpatente in der Industrie ein unbezahlbares Gut. Durch das Patentrecht werden technische Entwicklungen geschützt, der Urheber eines Patents kann die Nutzung durch die Konkurrenz untersagen oder eine Nutzungsgebühr verlangen. Doch Tesla Motors geht andere Wege. Das Unternehmen gibt alle Patente an die Konkurrenz weiter – ohne Beschränkungen. Doch warum sollte ein Unternehmen mit Gewinnabsicht ein solches Vorhaben umsetzen?
Hier hilft ein Blick auf die Firmenphilosophie des Unternehmens. Seit der Gründung vor rund einem Jahrzehnt wollten die Verantwortlichen einen Fortschritt bei der Entwicklung und Verfügbarkeit von Elektroautos und elektronischen Antriebskomponenten erzielen. Den Gründern lag dabei besonders am Herzen, dass Elektroautos günstiger und deshalb weiter verbreitet werden sollten. Auch der Umweltschutz spielt eine wichtige Rolle.
Die Gründer wollten etwas daran ändern, dass Fahrzeuge mit Elektroantrieb als Exoten gelten. Das Image sollte positiver werden – weg vom Fahrzeug mit wenig Leistung und geringer Reichweite. Deshalb bauten sie den Tesla Roadster, das wohl bisher fortschrittlichste Elektrofahrzeug der Welt.
Tesla Motors stellt wirtschaftliche Interessen in den Hintergrund
Nun gibt das Unternehmen sämtliche Patente frei, die die Konkurrenz ohne jegliche Einschränkungen oder Kosten nutzen darf. Was zunächst wie eine wirtschaftliche Katastrophe klingt, hat einen edlen Hintergrund. Erstaunlich in einer Welt, in der sich nicht wenige Unternehmen ohne Rücksicht auf Verluste am reinen Profit orientieren. Tesla scheint sich sicher, dass die Patentfreigabe keinen negativen Einfluss auf Umsatz und Gewinn des Unternehmens haben wird. Im Gegenteil: Aus den derzeit etwa 20’000 verkauften Fahrzeugen pro Jahr sollen mittelfristig 500’000 Einheiten werden. Erreicht werden soll das ambitionierte Vorhaben durch den Bau einer neuen Fabrik zur Produktion von Akkumulatoren, wodurch die Produktionskosten weiter gesenkt werden sollen.
Tesla scheint keine Angst davor zu haben, dass die Patentfreigabe dazu führt, dass Interessierte ihre Elektrofahrzeuge bei anderen Herstellern kaufen. Es scheint, als sei sich Tesla seiner Kundenbasis sicher. Das edle Vorhaben könnte auch mit einem Blick auf die Bankkonten der Tesla-Gründer erklärbar sein – diese sind längst Multimillionäre bzw. Milliardäre. Elon Musk beispielsweise konnte durch die Erfolge des Bezahldienstes PayPal Geld in Tesla Motors, das Solarstromunternehmen SolarCity und das Raumfahrtunternehmen SpaceX investieren und dadurch weiter vermehren.
Tesla Roadster – Elektroautos können attraktiv, leistungsstark und alltagstauglich sein
Der Tesla Roadster ist ein Fahrzeug, das das verbreitete Image von Elektroautos verändern sollte. Weg vom langweiligen Vernunftauto mit geringer Leistung, nicht zufriedenstellender Reichweite und dadurch schlechter Alltagstauglichkeit. Die Produktion in Kleinserie läuft seit März 2008, erstmals präsentiert wurde das Fahrzeug der Weltöffentlichkeit aber schon Ende Juli 2006. Das Konzept scheint aufzugehen.
Motor und Antrieb des Tesla Roadster: sportlich und alltagstauglich
Im Heck des Fahrzeugs leistet ein Elektromotor bis zu 215 kW (292 PS), das maximale Drehmoment liegt bei 370 Nm (Sportvariante: 400 Nm) und steht drehzahlunabhängig zur Verfügung. Ein Ein-Gang-Getriebe soll eine besonders lange Haltbarkeit gewährleisten, deshalb wurde das anfänglich verwendete Zwei-Gang-Getriebe kostenfrei durch den Hersteller ausgetauscht. Das Ein-Gang-Getriebe ermöglicht einen Sprint von 0 auf 100 km/h in 3,7 Sekunden, das sind zwei Sekunden weniger als beim ursprünglichen Zwei-Gang-Getriebe mit geringerer Haltbarkeit. Damit die Reichweite optimiert werden kann, regelt die Elektronik das Fahrzeug ab, sobald eine Geschwindigkeit von 201 Stundenkilometern erreicht wird.
Fahrwerk und Karosserie des Tesla Roadster: durchdachtes Gesamtkonzept
Da die Akkumulatoren im Tesla Roadster schwer sind, muss das Gewicht an anderer Stelle eingespart werden. Die Karosserie ist aus Kunststoff hergestellt, der durch den Einsatz von Kohlefasern verstärkt wird. Die Karosserie orientiert sich stark am Lotus Elise, der Tesla Roadster wird sogar im selben Werk produziert. Auch teilt sich der Tesla Roadster den nur 65 Kilogramm leichten Aluminiumrahmen mit dem Lotus Elise und dem Opel Speedster. Insgesamt wiegt der komplett montierte Tesla Roadster 1240 Kilogramm.
Die Akkus im Tesla Roadster: 408 Kilogramm schwer und leistungsfähig
Die im Tesla Roadster verbauten Akkumulatoren sind 408 Kilogramm schwer und leisten dadurch einen nicht unerheblichen Beitrag zum Gesamtgewicht. Zum Einsatz kommen hier konventionelle Lithium-Ionen-Akkumulatoren. Die Akkus sind in elf Platten unterteilt, welche jeweils neun Blöcke à 69 Zellen enthalten – so speichern die insgesamt 6831 Zellen 56 kWh. Die Kühlung der Akkus wird durch eine Wasser-Glykol-Mischung sichergestellt. Eine Reichweite von 350 Kilometern gibt der Hersteller an – Praxistests ergeben Resultate von 200 bis 500 Kilometern, die tatsächliche Reichweite ist sehr stark von der Fahrweise abhängig.
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