Datenschutz und Dashcams
Man findet sie immer häufiger auf Portalen wie Youtube: Videosequenzen von Verkehrsunfällen oder anderen Situationen auf Schweizer Strassen, die manchmal mehr oder weniger spannend, mehr oder weniger erschütternd sind. Oft werden sie mit einer sogenannten Dashcam aufgezeichnet.
Dabei handelt es sich um eine kleine Videokamera, die an der Frontscheibe des Autos montiert wird und dann mithilfe einer Speicherkarte den laufenden Verkehr aufnimmt. Da sie speziell für den Gebrauch im Fahrzeug konzipiert sind, eignet sich die Dashcam besonders für das Filmen von Verkehrsunfällen oder auch von Autoaufbrüchen und anderen Geschehnissen rund um das Fahrzeug herum.
Mit dem Gebrauch einer Dashcam befindet man sich allerdings auf rechtlich dünnem Eis.
Verkehrsdokumentation am laufenden Meter
Dashcams der jüngsten Generation liefern hervorragende Bilder des Verkehrs und müssen häufig nicht einmal manuell gestartet werden. Ein Bewegungsmelder sorgt dafür, dass sie immer dann mit der Aufzeichnung beginnen, wenn Bewegung im oder um das Fahrzeug im Spiel ist. Somit wird jede Aktion aus dem Strassenverkehr im Nachhinein auswertbar. Diese Dokumente sind unter Umständen nicht nur für den Fahrzeughalter, sondern auch für die Polizei interessant.
Selbst wenn um das Fahrzeug herum nichts Auffälliges beobachtet werden kann, ist die Dashcam für den Nutzer fraglos interessant: Gibt es Leute, die sich neugierig um mein Fahrzeug herumbewegen? Erinnerst du dich an die niedliche Entenfamilie von neulich? Betrunken Fussgänger sorgen für allgemeine Heiterkeit beim nachträglichen Ansehen.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht hört der Spass aber leider schon sehr viel frühr auf, denn in der Schweiz sind die Datenschutzrichtlinien eng gefasst und eine Dashcam verstösst in aller Regel dagegen. Privatpersonen dürfen im öffentlichen Raum keine Videoüberwachung betreiben. Sowohl alle öffentlichen Orte sowie der Garten des Nachbarn sind vor Aufzeichnungen privater Natur geschützt.
Kritik von Datenschützern
Dass Dashcams sich zunehmend verbreiten, macht Datenschützern Sorgen. Sogar der Datenschutzbeauftragte des Kantons Zug erwähnt sie in seinem Bericht für das Jahr 2013 und bezeichnet sie als rechtlich bedenkliche Ausstattung vieler Fahrzeuge. Laut seinem Urteil sind diese Geräte nichts rechtskonform, denn jeder darf sich im öffentlichen Raum frei bewegen und soll dabei nicht befürchten müssen abgelichtet zu werden – auch nicht bei mehr oder minder heiklen Situationen. Genau das ist aber die Funktion der Dashcam.
Dabei ist nicht geklärt, ob Aufzeichnungen von Dashcams bei Gericht als Beweismaterial zulässig sind. Allerdings legt das Verbot privater Aufnahmen des öffentlichen Raums nahe, dass diese Verwendung ausgeschlossen ist.
Unter vorgehaltener Hand wird das in der Versicherungsbranche etwas lockerer gesehen. Unfallverläufe werden anhand von Dashcam-Aufzeichnungen nachvollzogen und so können auch unbeteiligte Fahrzeuge identifiziert werden. Allerdings werden die Erkenntnisse nicht offiziell verwendet.
Fahrzeugtechnologien
Die Nutzung von Dashcams ist also nicht statthaft. Trotzdem bewegen sich viele Fahrzeughersteller, besonders ab einer bestimmten Preisklasse, in dieser rechtlichen Grauzone. Von der Blackbox geht die Entwicklung zur Dashcam hin. Hierbei geht es allerdings weniger um die Dokumentation von Unfällen, sondern um Fahrhilfen.
Ist eine Rückfahrkamera nicht auch irgendwie ein Medium zur Videoüberwachung? Natürlich wird hier nicht aufgezeichnet, aber möglich wäre das vom technischen Standpunkt allemal. Auch Technologien, bei denen das Auto zum selbstfahrenden Vehikel wird, brauchen zur Umsetzung Techniken, die den Dashcams sehr nahe kommen.
Über kurz oder lang wird es hier zum Handlungsbedarf kommen, damit der Einsatz von Dashcams auch rechtlich geklärt ist. Ob es zu einem Verbot oder zu Einschränkungen der Nutzung kommt, die genau besagen, unter welchen Bedingungen Dashcams zulässig sind, wird sich zeigen.
Grundsätzliches
Im Verständnis der Bevölkerung zeigen sich deutliche Lücken, was die rechtliche Würdigung privater Videoüberwachung in der Schweiz angeht. Wird das Datenschutzrecht sehr eng ausgelegt, dann ist klar, dass man eine Genehmigung oder eine Zustimmung der abgelichteten Personen braucht, damit das Dokument rechtliche Gültigkeit bekommen kann.
Das betrifft sowohl stationäre als auch mobile Kameras, also sowohl die besagten Dashcams, als auch private Drohnen, das Smartphone, Überwachungskameras an Privathäusern und in Geschäften.
Hat man eine Videoüberwachungsanlage zu Hause installiert, sollte man also darauf achten, dass sich das Nachbargrundstück nicht im Bild befindet – es sei denn der Nachbar hat es erlaubt. An diesem Beispiel sieht man sehr gut, dass es einer neuen und erweiterten Gesetzgebung auf diesem Gebiet bedarf. Natürlich sollten dabei vor allem die Bewegungsfreiheit der Bürger, die rechtlichen Rahmenbedingungen und eine verbesserte Strafverfolgung im Schadensfall berücksichtigt werden.
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