Ständig online: Hersteller bringen das Auto ins Netz
VON Andrea Hauser Allgemein Auto
So ist das Öffnen der Fahrzeugtür mittels Natel längst keine Zukunftsmusik mehr und auch der schnelle 4G-Standard LTE erobert die Kraftfahrzeuge. Wer kein Internet im Auto hat, kann einen WLAN-Hotspot nachrüsten oder einen sogenannten LTE Carstick nutzen, der einfach an den Zigarettenanzünder angeschlossen wird.
Der Mobilfunkanbieter Vodafone stellte anlässlich der Computermesse Cebit einen Stick vor, über den bis zu zehn Geräte ins Internet gelangen können. Im Rahmen der Cebit warnte VW-Chef Martin Winterkorn jedoch davor, das Auto zu einer Art Datenkrake werden zu lassen und forderte eine Allianz der Autobauer zu einem umfangreichen Datenschutz.
Das Auto im Internet
Die Vernetzung hält überall Einzug: Fahrzeuge sollen Daten abrufen, untereinander kommunizieren und automatisch Verkehrsinformationen empfangen. Sicherheit und Effizienz eines Fahrzeugs sollen künftig durch das Internet gesteuert werden. Dabei geht es nicht allein darum, dass Fahrzeuginsassen während der Fahrt im Netz surfen können. Das Auto soll zu einem Teil des Netzes werden, Informationen abrufen und gleichzeitig Daten liefern.
So könnte das Auto einerseits wichtige Verkehrsdaten empfangen, auf der anderen Seite eigene Informationen an Werkstätten übermitteln. Die Versicherungsbranche könnte Fahrzeugdaten nutzen, um dem Fahrzeughalter anhand seines individuellen Fahrverhaltens eine besondere Vertragsoption anzubieten. Der Datenschutz spielt bei dieser Vision eine entscheidende Rolle.
Das Unternehmen Bosch forscht an einer Vernetzung des Fahrzeugs und betont, der Datenschutz sei eine der Grundvoraussetzungen. Der Nutzen, das Auto ins Netz zu bringen, müsse das Risiko bei weitem übersteigen. Bosch arbeitet an einer Lösung namens MySpin, mit der Smartphones in die Struktur des Fahrzeugs eingebunden werden sollen. Die Anzeige des mobilen Gerätes soll dabei über einen Monitor im Fahrzeug sichtbar werden und für den Fahrer einfach zu nutzen sein.
Doch auch ohne Mobiltelefon soll das Auto ins Internet gelangen: Das Fahrzeug sammelt über Sensoren während der Fahrt Daten, die mit einem Server oder mit anderen Fahrzeugen ausgetauscht werden. Bosch bezeichnet diese Daten als Floating Car Data, die dazu dienen sollen, die Sicherheit des Fahrzeugssystems zu verbessern. Während der Fahrer vor sich nur eine Kurve erkennen kann, hat das Fahrzeug über das Netz bereits Informationen erhalten, dass es hier spiegelglatt ist – das Auto kann selbst entsprechend reagieren. Ähnliche Verfahrensweisen sind beim Heranfahren an ein unübersichtliches Stauende denkbar.
In der Europäischen Union ist ab Oktober 2015 ein lebensrettendes eCall-System in allen Neuwagen Pflicht. Ende Februar hat das Parlament einen entsprechenden Gesetzesentwurf verabschiedet. Bosch trägt mit eigenen eCall-Lösungen dazu bei, dass bei einem Unfall alle relevanten Daten wie Unfallort, Zeit und Fahrtrichtung an eine Leitstelle übermittelt werden. In den Fahrzeugen von Mercedes-Benz kommt das Bosch-System bereits seit 2012 zum Einsatz. Wenn es nach den Vorstellungen der EU-Kommission geht, soll eCall in den 27 EU-Staaten rund 2.500 Menschenleben retten.
Bosch geht mit seinen Ideen noch einen Schritt weiter: Das Unternehmen will die Infrastruktur ganzer Städte vernetzen, so dass jederzeit eine optimale Mobilität gewährleistet ist. So könne nach Angaben Boschs beispielsweise von der City aus ein Zug in die Randlagen genutzt werden, um dann dort auf ein bereitstehendes Carsharing Fahrzeug umzusteigen. Seit November 2013 setzt das Unternehmen in Monaco neue Technologien zur digitalen Vernetzung einer ganzen Metropole ein. Monaco und Bosch haben eine Vereinbarung unterzeichnet, in der es vor allem um die Vernetzung der Mobilität geht. So könnten Fahrzeuge zu freien Parkplätzen gelotst werden oder e-Cars zu eine freien Ladesäule.
Das Internet im Auto
Doch nicht nur das Auto kommt ins Internet, das Internet kommt auch ins Auto: Auf der Computermesse Cebit präsentierte das Düsseldorfer Unternehmen Vodafone einen Carstick, der an den Zigarettenanzünder angeschlossen als Hotspot für bis zu zehn Geräte funktioniert. Unternehmensangaben zufolge kann der Stick Geschwindigkeiten von bis zu 150 Mbit/s im Downstream empfangen. Derzeit wurden testhalber Taxis in der deutschen Hauptstadt Berlin mit der Technik ausgerüstet. Vodafone geht davon aus, bis zu 40 Millionen deutsche Fahrzeuge über den Stick ins Netz bringen zu können.
Namhafte Hersteller wie Audi, BMW, Mercedes und Opel haben eigene Systeme, das Fahrzeug ins Netz zu bringen. So bietet BMW im Rahmen von BMW Connected Drive den Car Hotspot LTE, mit dem Fahrzeuginsassen in schnellster LTE-Geschwindigkeit durchs Netz surfen.
Mercedes offeriert zusammen mit der Deutschen Telekom COMAND Online: Hier kann der Fahrer zu Hause eine Route planen und komfortabel ins Fahrzeug übertragen. Audi bietet mit seinem Audi Connect System einen ähnlichen Service, mit dem sogar die Nutzung sozialer Netzwerke möglich ist. Opel vernetzt sein Opel-Infotainment-System mit Apples iOS und Googles Android und verbindet das Smartphone des Fahrers mit einem besonders grossen Touchscreen.
Experten schätzen, dass bereits im Jahr 2015 rund 60 Prozent aller Fahrzeuge vernetzt sein werden. Dabei setzen die Autohersteller nach Ansicht des Insitutes of Electrical and Electronic Enigineers vor allem auf eigene Lösungen, die das Fahrzeug unabhängig von mobilen Geräten wie Smartphone oder Tablet eigenständig ins Netz bringen.
Oberstes Bild: Hersteller bringen das Auto ins Netz (Bild: Sashkin / shutterstock.com )