Rettungsgasse – so funktioniert sie

Die sogenannte Rettungsgasse stellt ein absolut taugliches System dar, um auch auf einer sehr stark befahrenen Strasse oder Autobahn im Falle eines Unfalles den Einsatzkräften die ungehinderte Zufahrt zum Unfallort zu ermöglichen.

Leider ist auch in der Schweiz das Wissen, wie eine derartige Rettungsgasse korrekt gebildet wird, nicht bei allen mobilen Verkehrsteilnehmern vorhanden. Dieser Beitrag will dazu beitragen, in diesem Punkt Klarheit zu schaffen.


Rettungsgasse auf der A66 kurz vor Schlüchtern Nord (Bild: Achim Engel, Wikimedia)


Rettungsgasse – welche Problematik besteht?

Seit jeher besteht für Einsatzkräfte wie Rettung, Feuerwehr und Polizei auf stark befahrenen Strassen oder auf der Autobahn das Problem, bei einem Unfall schnell und sicher zum Einsatzort vordringen zu können. Denn dabei geht es oft um Minuten, manchmal sogar um Sekunden, die über Tod oder Leben, aber auch darüber entscheiden, ob nach dem Unfall bei dem Verletzten bleibende Schäden zurückbleiben. Stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihren Kindern in die Ferien unterwegs und werden in einen Unfall verwickelt – wären Sie da nicht auch froh, wenn Ersthelfer da sind, und Rettungsfahrzeuge möglichst schnell zum Unfallort vordringen können? Setzt sich eine derart empathische Haltung erst allgemein durch, wird die Akzeptanz der Rettungsgasse mit Sicherheit eine schlagartige Erhöhung erfahren. Bis dahin werden wir allerdings noch mit einem teilweisen Unverständnis in Kreisen der Bevölkerung zu kämpfen haben, auch wird es immer wieder Schaulustige geben, die Rettungsmassnahmen der Einsatzkräfte – wenn auch unbeabsichtigt – erschweren oder blockieren.

Während auf Autobahnen bei einem Unfall in der Regel wenigstens der Pannenstreifen frei ist und als Zufahrt für Einsatzfahrzeuge genutzt werden kann, besteht im niederrangigen Verkehrsnetz, also etwa auf einer Landstrasse, sowie im städtischen Bereich diese Möglichkeit nicht, im urbanen Gebiet kommt zusätzlich noch die Behinderung zufahrender Rettungsfahrzeuge durch schaulustige Passanten hinzu. Zu diesem Thema ein wichtiger Hinweis: Jeder Ersthelfer (dieser muss nicht zwangsläufig ein Sanitäter sein, es kann sich dabei auch um einen Unfallzeugen, einen unbeteiligten Passanten oder eine am Unfallgeschehen beteiligte Person handeln) hat nach dem Gesetz das Recht, Passanten, die Rettungs- bzw. Ersthelfermassnahmen behindern oder Einsatzfahrzeugen die Zufahrt zum Unfallort erschweren, zum Zurückweichen aufzufordern. Kommt die Person dieser Aufforderung nicht nach, kann der Ersthelfer diese auch zum Verlassen der Unfallstelle auffordern.


Stau auf der A81 bei Rottenburg; Personen und einige Fahrzeuge blockieren die Rettungsgasse. (Bild: Alexander Blum, Wikimedia)


Rettungsgasse – das sind die Regeln

Nun kann es vorkommen, dass in dem unfallbedingten Durcheinander für Einsatzkräfte einfach kein Durchkommen ist, auch bildet sich in solchen Situationen meist ein Stau. Hier setzt die Bildung der Rettungsgasse an. Ziel der Massnahme ist es, durch Zusammenarbeit sämtlicher mobiler Verkehrsteilnehmer in Form eines organisierten Ausweichens eine freie Zufahrt für Einsatzfahrzeuge zum Unfallort zu ermöglichen.

Wie wird ein solcher Rettungsweg nun gebildet? Das System folgt im organisatorischen Aufbau dem Reissverschluss-System – nur in umgekehrter Abfolge. Nicht zwei Spuren werden zu einer zusammengeführt, sondern ein einzelner Fahrstreifen – der mit den Bodenmarkierungen nicht übereinstimmen muss – wird durch systematisches Ausweichen der Fahrzeuge nach links und rechts für die Einsatzkräfte freigemacht.

Die Vorgangsweise bei der Bildung der Rettungsgasse hängt dabei von der Anzahl der Fahrstreifen ab. Bei zwei Fahrstreifen wird die Rettungsgasse in der Mitte gebildet und zwar nach folgendem Schema. Auf dem linken Fahrstreifen befindliche Fahrzeuge weichen an den linken Fahrbahnrand aus, jene auf dem rechten Fahrstreifen haben an den rechten Fahrbahnrand zu fahren. Sind mehr als zwei Fahrstreifen vorhanden, wird die Rettungsgasse zwischen dem äussersten linken und jener Fahrspur gebildet, die sich unmittelbar rechts daneben befindet. Diese Regelung gilt auch auf Autobahnen, da der Standstreifen etwa bei einer Ausfahrt nicht immer durchgehend vorhanden ist und überdies durch liegengebliebene Autos nicht verwendbar sein kann.


Rettungsfahrzeug fährt durch die gebildete Rettungsgasse auf einer dreispurigen Autobahn. (Bild: Usien, Wikimedia, GNU)


Wichtig ist, nach der Bildung der Rettungsgasse mit dem Auto am jeweils linken bzw. rechten Rand zu verharren, bis die Rettungsmassnahmen beendet sind, und nicht etwa sofort wieder in den mittleren Streifen einzufahren und diesen zu blockieren. Schliesslich müssen die Einsatzfahrzeuge die Unfallstelle auch wieder verlassen können – und dies im Interesse der medizinisch zu versorgenden Unfallopfer am besten genauso schnell, wie sie zur Unfallstelle angefahren sind.

Verstösse gegen das Gebot der Bildung einer Rettungsgasse werden mit empfindlich hohem Bussgeld geahndet, bei Erschwernisgründen oder im Wiederholungsfall ist sogar mit einer Anzeige zu rechnen – wodurch die Kosten mit Sicherheit wesentlich erhöht werden. Der Gesetzgeber setzt hier wohl auch auf den erzieherischen Wert einer solchen Massnahme. Schliesslich sollen die Säumigen dazu gebracht werden, Sinn und Zweck der Bildung einer Rettungsgasse autonom nachvollziehen zu können. Somit bleibt zu hoffen, dass sich in Zukunft speziell in solchen Situationen ein „Miteinander“ im Strassenverkehr entwickelt. Eine Entwicklung, die etwa in der Wirtschaft bzw. im Berufsleben bereits Platz gegriffen hat. Hier wurden Social Skills auf den Plan gerufen, die ein reibungsloses Miteinander im Sinne der Sache ermöglichen. Ein derartiger Weg würde auf dem „Schlachtfeld Strasse“ dringend benötigt werden.

 

Oberstes Bild: Ein Verkehrsstau nach einem Unfall auf der BAB 659 bei Viernheim mit einer Rettungsgasse für einen Rettungswagen (© LosHawlos, Wikimedia, GNU)

Kommentare: 2

Dieter Zgraggen
02.04.2018 07:11
Gratuliere! Der Animationsfilm ist super und erklärt alles. Zum Beispiel ist eine wichtige Information: Der Pannenstreifen darf und muss zur Bildung der Rettungsgasse benutzt werden.
Bevor Bussen verteilt werden, sollte eine umfangreiche Informationskampagne erfolgen, damit jeder Autofahrer genau weiss, wie die Rettungsgasse gebildet werden und wie lange sie bestehen bleiben muss.
Das ist viel wichtiger, als Bussen zu verteilen - denn Bussen allein können keine Rettungsgasse öffnen, sondern nur Autofahrer, die wissen, wie sie geöffnet werden kann.
Christoph Emch
01.04.2018 15:27
Ist das, in ganz Europa die Rettungsregel einer Gassenbildung ?????

Dann sollte wir dies auffrischen mit Webung und Plakaten.

Ich musste mich auch belehren lassen.

Gruss

Ihr Kommentar zu: Rettungsgasse – so funktioniert sie

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