Google goes Auto – Google-Car, Gondel oder Spielzeugmobil?
VON Christian Erhardt Allgemein Auto
Kein Lenkrad, kein Gaspedal und von der Optik her eine Mischung aus Gondel, Golf-Car und futuristischem Fahrzeug, welches auch in Comic-Verfilmungen grosses Aufsehen erregen würde – so stellt sich der Prototyp des Fahrzeugs vor, mit dem der Internetkonzern Google den Fahrzeugmarkt „aufmischen“ will. Doch kann man mit solch einem Modell wirklich Erfolge erzielen? Lehnen Sie sich entspannt zurück und geniessen Sie den Ausblick auf das, was Google uns Autofahrern präsentieren möchte.
Hat Google die Substanz zur Automacht?
Einige erste Exemplare des Testfahrzeugs und Prototypen hat Google bereits auf der Strasse. Im Gefährt wird vollständig auf ein Lenkrad und ein Gaspedal verzichtet, wodurch die Richtung deutlich wird: Google will nicht nur ein Auto konzipieren, sondern das Gefährt soll auch ohne Fahrereingriff pilotiert werden. Autonomes Fahren regiert auch beim Internet-Giganten Google. Doch hat der Konzern überhaupt das Know-how und die Power, sich im hart umkämpften Markt der Fahrzeuge zu etablieren?
Glaubt man Marktanalysten und Experten aus der Branche, dann hat Google schon heute das Rüstzeug dafür, das Autokonzept der mittleren und fernen Zukunft auf die Beine zu stellen. Gerade die Köpfe des CAR, des Center of Automotive Research, attestieren dem Internetkonzern, dass man die Pläne nicht nur sehr ernst nehmen müsse, sondern davon auszugehen sei, dass Google den Autokonzernen absolut gefährlich werden könne. Mittelfristig, also auf 10 bis 15 Jahre gesehen, erkennt man sogar das Potenzial, dass Google zu einem der Big Player der Branche werden kann, der den neu aufgestellten Markt mit dominieren könnte.
Ist Google in zehn Jahren wirklich ein Machtfaktor auf dem Automarkt? Nichts scheint wirklich unmöglich zu sein, werden neue Technologien in die Fahrzeuge implementiert. Auch nicht, dass der Markt sich völlig neu sortiert und neue Gesichter hervorbringt.
Elektromobil für zwei Personen ohne Lenkrad und Pedale
Das, was dem US-Konzern vorschwebt, ist eine völlig neue Variante an Fahrzeug. Dabei wird auf die Option, das Fahrzeug selbst zu steuern, vollkommen verzichtet. Es stellt sich wie eine Gondel oder ein Golf-Car auf, und die ersten Prototypen, so Google, werden bereits getestet. Der Gründer von Google, Sergey Brin, sprach von einem Modell, das zwei Personen Platz bietet. Mit der Hilfe eines Partnerunternehmens, so der Konzern, werde derzeit daran gearbeitet, 200 dieser sehr futuristischen – und optisch auf jeden Fall gewöhnungsbedürftigen – Modelle zu fertigen.
Und Google packt wieder einmal den Stier bei den Hörnern – auch was die Aussagen angeht. So lässt der Konzern vermelden, dass die Gefährte, die gänzlich auf den Fahrer verzichten und autopilotiert werden, bereits in wenigen Jahren in diversen Städten zum Einsatz kommen könnten. Zumindest erst einmal die vorab geplanten 200 + X geplanten Pkw.
Googles Stärke: die Kenntnis der Software
Wer das autonome Fahren im Markt etablieren will, muss in der Software zu Hause sein, in ihr wohnen, in ihr leben. Und das ist, so viel sollte unbestritten sein, die Domäne des Hauses Google. Gerade weil das so ist, ängstigt Google die Autobranche bereits seit Jahren. Schon vor rund fünf Jahren ging ein Ruck durch die Welt, als Google mitteilte und zeigte, dass man an einem Roboterauto arbeitet.
Der Fortschritt, den Google bei seinen Entwicklungen an den Tag legte, wirkte wie ein Fanal im Markt. Schon da wurde gemutmasst – und befürchtet – dass Google, das Unternehmen aus Mountain View, Blut geleckt haben könnte, um den Automarkt aufzumischen. Und die Befürchtungen scheinen sich als berechtigt zu beweisen. Dem Verbraucher kann es gleich sein, denn nirgendwo steht festgemeisselt, dass der Markt sich unter den deutschen, asiatischen oder amerikanischen Giganten aufzuteilen hat, die ihn seit Jahrzehnten beherrschen. Zudem hat der Markt mit Tesla bewiesen, dass auch Start-Upper die Chance haben, sich erfolgreich durchsetzen können. Und wieso sollte es bei Google anders sein?
Der Google-Konzern hat mehr Kenntnisse über die Software, als sie alle anderen Autolieferanten vorweisen können. Auch die Zulieferer aus der Branche reichen diesbezüglich nicht an Google heran. Gerade die technischen Möglichkeiten beim Konzern, die absolut unerschöpflich sind, machen ihn zu einer ernsthaften Gefahr. Was die etablierten Autohersteller als „Beibrot“ ansehen mögen – das Fahrzeug mit Autopilot – ist für Google ein glasklares Geschäft in ihrem „Tanzbereich“.
Zudem hat das Unternehmen den Vorteil, dass es neu in den Markt kommen kann und nicht darum fürchten muss, etablierte Motorenformen – die Verbrennungsmotoren – selbst zu „töten“ und auch noch zu beerdigen. Ja, Google kann den Markt von der rechten auf die linke Seite drehen. Das Rüstzeug dazu – neben dem notwendigen Kleingeld und vollen Kriegskassen – haben sie auf jeden Fall.
Verrückte und abgedrehte Ideen aus Mountain View – Händchen halten statt lenken
Google kommt aus dem Internet-Geschäft, und entsprechend innovativ sind auch die Ideen, die der Konzern umsetzen will. Wer sich das Promo-Video anschaut, wird sich verwundert die Augen reiben. Das Google-Fahrzeug wirkt auf den ersten Blick wie ein grösseres Kinderspielzeug und könnte aus einem Hollywood-Movie entsprungen sein. Cars lässt grüssen.
In dem Google-Car stecken ganz klare Visionen für die Zukunft, und wie knallhart Google Visionen durchzieht oder umsetzt, das hat man nachhaltig unter Beweis gestellt. Doch das Revolutionäre hört nicht bei der Form des Wagens oder des Pilotierens auf, nein. Google geht wesentlich weiter.
Dem Unternehmen schwebt vor, dass man die Autos der Zukunft nicht mehr selbst besitzt. Das neue Auto, das Google-Auto, soll eine völlig neue Form von Taxi sein. Es sucht sich – sicher angefordert von einer App auf einem Smartphone aus Mountain View, denn so schliesst sich der Kreis – seine Passagiere. So werden, jedenfalls nach der Auffassung Sergey Brins, die Städte effizient entlastet. Zeit wird gewonnen. Private Zeit, Zeit zu arbeiten.
Das Auto von Google als Allgemeingut. Fahrzeug anfordern, Passagier aufnehmen, ans Ziel fahren, Passagier ausladen, neue Passagiere suchen. 24/7 und das Ganze ohne Fahrer. Willkommen in der Zukunft mit Google. Im Wagen Händchen halten statt lenken – eine nicht wirklich unschöne Zukunftsaussicht.
Oberstes Bild: Google möchte mit einem neuartigen Fahrzeug den Automarkt aufrollen. (© turtix / Shutterstock.com)