Deutsche Autoindustrie muss sparen: Auch Arbeitsplätze in der Schweiz sind bedroht
VON Michael Radtke Allgemein Auto
Dass die Autobranche der Bundesrepublik Deutschland grosse Sorgen hat, ist schon länger bekannt. Insbesondere die so bezeichneten Schwellenländer bereiten den Herstellern inzwischen massiv Probleme. So erwägt zum Beispiel Russland inzwischen ein generelles Importverbot für Fahrzeuge aus dem Westen. Ungeachtet dieser Tatsache lahmt das Geschäft in Russland aber eh. Vor allem in den letzten Monaten sackte das Absatzvolumen in dem Land massgeblich ab. So wurden im Juli dieses Jahres insgesamt 81’000 Fahrzeuge weniger verkauft als im Vorjahreszeitraum. Laut entsprechenden Statistiken liegen die Verkäufe in Russland insgesamt um rund 10 % unter dem Vorjahresniveau.
Auch die hinzukommenden Sanktionen in China sind sehr schmerzhaft für die deutsche Autoindustrie. Dort haben nämlich mehrere Hersteller massive Probleme mit den chinesischen Wettbewerbs- respektive Kartellbehörden. Diese werfen den entsprechenden Unternehmen wie zum Beispiel Audi oder Daimler vor, dass sie zu hohe Preise für die angebotenen Autos selbst, für den begleitenden Service sowie für Ersatz- und Zubehörteile in China fordern würden. Im Raum stehen diesbezüglich mehrere Hundert Millionen Euro an Strafgebühren.
Domino-Effekt: Auch die Schweizer Zuliefererfirmen lassen an der Börse verstärkt Federn
Zudem klagen inzwischen viele deutsche Autobauer über teilweise extreme Absatzschwierigkeiten rund um den gesamten Globus. Das renommierte Car-Institut der Universität Duisburg-Essen hat erst vor wenigen Wochen in einer Studie prognostiziert, dass sich das Wachstum der deutschen Autoindustrie in Bezug auf die weltweiten Verkäufe von Autos im zweiten Halbjahr des Jahres 2014 auf etwa 1 % abschwächen könnte. Trifft diese Prognose ein, wäre dies gleichbedeutend mit einem Minus von 4 % im Vergleich zum ersten Halbjahr dieses Jahres. Die entsprechenden Entscheidungsträger der Automobil-Konzerne rund um Daimler-Boss Dieter Zetsche und VW-Chef Martin Winterkorn haben bereits angekündigt, dass sie entsprechend hart gegensteuern wollen. So will alleine Volkswagen als grösster Autokonzern in Europa rund fünf Milliarden Euro bis zum Jahr 2017 einsparen.
Diese Negativschlagzeilen rund um die bundesdeutschen Autobauer haben auch an der Börse für mitunter heftige Turbulenzen gesorgt. Die börsianische Entwicklung ist denn auch nicht spurlos an den entsprechenden Zuliefererunternehmen aus der Schweiz vorbeigegangen. So konnte zum Beispiel Georg Fischer noch ein massives Juli-Hoch generieren, während es seit Anfang August um rund 10 % abwärts ging. Das eidgenössische Unternehmen Autoneum büsste in der Spitze demgegenüber sogar 20 % ein.
Bis zu 6 % der Arbeitsplätze bei den Zulieferern aus der Schweiz sind gefährdet
Dies könnte für die involvierten Schweizer Unternehmen aber nur die sichtbare Spitze des Eisberges bedeuten. Zwar wurden die Zulieferer aus der Schweiz bislang lediglich in einem kaum nennenswerten Umfang in entsprechende Kostensenkungsprogramme der deutschen Autohersteller einbezogen, aber dies könnte sich nun schlagartig ändern. Die Beratungsfirma Staufen sieht jedenfalls diesbezüglich wirklich reale Probleme auf die Zulieferer aus der Schweiz zukommen. So kann davon ausgegangen werden, dass in den aktuell und zukünftig realisierten Sparrunden auch die entsprechenden Schweizer Firmen eine Rolle spielen. Laut einer Analyse der Beratungsfirma müssen sich die eingebundenen Unternehmen aus der Schweiz auf harte Einschnitte vorbereiten.
Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, zu dem es den deutschen Herstellern nicht mehr um Innovationen gehe. Gerade das Innovationspotenzial der eidgenössischen Zulieferer respektive der gesamten Schweizer Branche war bislang aber immer ein Aushängeschild. Daher blieben die hiesigen Zulieferer auch in der Regel – im Gegensatz zu ihren deutschen Konkurrenzunternehmen – von den so bezeichneten Zulieferer-Entwicklungsprogrammen weitgehend verschont. Jetzt scheint es fast klar, dass die Probleme der deutschen Autoindustrie auch in der Schweiz Jobs kosten werden. Gemäss expliziten Aussagen der Unternehmensberatung Staufen sind diesbezüglich in der schweizerischen Zuliefererbranche momentan etwa 3 bis 6 % der Arbeitsplätze nachhaltig gefährdet.
Allerdings lasen sich bei den Schweizer Zuliefererfirmen laut entsprechenden Studien noch immer Produktivitätssteigerungen von rund 30 % verwirklichen. Bevor also der Druck von den deutschen Herstellern zu gross wird, empfehlen Beratungsfirmen wie Staufen, die internen Prozesse zu optimieren. So können zum Beispiel die entsprechenden Durchlaufzeiten um teilweise bis zu 50 % gesenkt werden, was sich wiederum positiv auf den schweizerischen Anteil an der Wertschöpfung der jeweiligen Autos auswirken könnte.
Zudem kann es von Vorteil sein, die Neukundenakquise zu forcieren, um auch genügend Kunden aus anderweitigen Branchen zu haben. Mit Massnahmen dieser Art könnten die betroffenen Zuliefererfirmen ihre Bedeutung bzw. ihren Stellenwert für die Hersteller aus Deutschland herausstellen und verhindern, dass die deutschen Manager den Rotstift in der Schweiz emsig schwingen.
Oberstes Bild: Die deutsche Autoindustrie hat momentan mit massiven wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. (© Pavel L Photo and Video / Shutterstock.com)