Der neue Nissan GT-R im Check
VON Daniel Lehrmann Allgemein Auto
Der Nissan GT-R 2014 und die marginalen Unterschiede
Fast jedes Jahr aktualisiert das japanische Unternehmen seinen Vorzeigeflitzer. Da versteht es sich von selbst, dass nicht jedes Mal bahnbrechende Neuerungen unter der aggressiv designten Karosserie stecken können. Von aussen zeigen sich tatsächlich fast nur Gemeinsamkeiten. Einzig eine neue Leiste in den LED-Scheinwerfern, die ein wenig an das Symbol eines Blitzes erinnert, lassen das geübte Auge erkennen, dass dies die neue Variante des GT-R ist.
Hinter der behutsamen Produktpflege steckt natürlich Kalkül: Bei dem rasanten Veröffentlichungsrhythmus würden zu viele Unterschiede dazu führen, dass bald fünf oder mehr verschiedene GT-R über den Asphalt rollen. Durch die visuell sparsamen Anpassungen bleibt also der Look der Marke auch vier Veröffentlichungen später noch aktuell – und der interessierte Käufer erspart sich das unangenehme Gefühl, bereits ein Jahr später ein veraltetes Modell zu fahren.
Sportwagen im Alltag – der GT-R ist bedingt geeignet
Deutlich dynamischer ging es bislang unter der Motorhaube zu: An der Leistung des Motors wurde jedes Jahr rigoros gearbeitet, Nissan hatte dabei immer die höchstmögliche Performance im Blick. Dieses Jahr soll alles anders werden: Ponz Pandikuthira, Produktmanager bei Nissan, hatte darauf verwiesen, dass die Kunden inzwischen andere Prioritäten setzen – und zwar auch bei Rennwagen. Eine gewisse Alltagstauglichkeit und Qualitäten, die den GT-R auch für längere Strecken auszeichnen würden, waren 2014 die Designziele.
Denn der V6-Motor war zwar leistungsfähig – aber auch sehr laut. Beifahrer beklagten sich laut Nissan, dass der GT-R zwar ein schönes Auto, aber für längere Strecken aufgrund des hohen Geräuschpegels nicht geeignet sei. Der Fahrer selbst mag davon nichts bemerken, denn er steckt schliesslich im Rennfieber. Für die Beifahrer jedoch waren die Ausflüge im GT-R bisweilen eine Zumutung. In der neuen Version naht jedoch Abhilfe: Eine bessere Isolierung und vor allem eine aktive Geräuschunterdrückung sollen den Nissan GT-R fast familientauglich machen.
Kopfhörertechnik im Nissan GT-R
Diese auch Noice-Cancellation-Technik genannte Funktion kommt vor allem bei (teureren) Kopfhörern zum Einsatz: Das Gerät analysiert die Schallwellen, die etwa beim Bus- oder Bahnfahren auftreten, und sendet seinerseits Wellen aus, welche die unliebsamen Nebengeräusche praktisch zerstören. Wer einmal einen solchen Kopfhörer genutzt hat, wird die plötzlich auftretende totale Stille zu würdigen wissen.
Ein ähnliches System steckt nun auch im GT-R, was die Fahrten zusammen mit besseren Stossdämpfern tatsächlich spürbar leiser macht. Eine sanftere Lenkung, ein etwas reduzierter Spritverbrauch – sollte der neue Nissan-Sprössling tatsächlich die Kurve hin zu einem Auto für den Alltag schaffen? Nicht ganz. Ja, auch mit dem GT-R kann man in der Innenstadt fahren, auf Landstrassen hinter Lastkraftwagen ausharren und dergleichen mehr. Wirklich komfortabel wie in einer Limousine fährt es sich aber immer noch nicht.
Die alten Tugenden im neuen Kleid
Seine Qualitäten zeigt der mit Funktionen vollgestopfte GT-R stattdessen wieder bei freier Fahrbahn: Zahlreiche Funktionen – wie etwa die Stabilitätskontrolle, das Fahrwerk, Differentialsperren und andere „Spielereien“ – lassen sich verstellen und auf Wunsch auch in den Sportmodus schalten. Dann flammen die „alten“ Tugenden wieder auf: Eine extreme Beschleunigung gepaart mit einem unnachgiebigen Fahrwerk, ein lautes Motorendröhnen und der Verzicht auf Komfort lassen den Fahrer sofort wissen, in was für einer Art Fahrzeug er hier sitzt.
Auch der neue GT-R beschleunigt explosiv und klebt dabei nahezu an der Strasse. Ja, für den Beifahrer mag das in den Vorgängermodellen tatsächlich keine allzu schöne Erfahrung gewesen sein. Auch das 2014er-Modell kann – trotz all der Detailverbesserungen – nicht verbergen, dass es sich hier um einen Flitzer handelt, der Spass machen soll. Und Spass entsteht vor allem dann, wenn keine Kompromisse eingegangen werden müssen.
So schnell wie ein Lamborghini – zum halben Preis
Ebenso kompromisslos gestaltete Nissan das Innenleben des GT-R: Der Motor orientiert sich dabei nahe am Vorbild aus dem Jahr 2013, 3,8 Liter Hubraum werden also von einer Leistung von 550 PS begleitet. Das reicht zusammen mit dem recht niedrigen Gewicht (1740 kg) für eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,8 Sekunden. Schluss ist erst bei 315 km/h. Wer länger mit hohen Geschwindigkeiten unterwegs ist, sollte jedoch auf den Tankstand achten: 11,8 Liter genehmigt sich der GT-R durchschnittlich, bei hohen Geschwindigkeiten reicht der Verbrauch an annähernd 20 Liter pro 100 Kilometer Strecke heran. Wer mehr über sein Auto erfahren möchte, bekommt dafür übrigens in der Mittelkonsole Gelegenheit: Dort wird auf einem Flachbildschirm jede noch so winzige Kleinigkeit genau angezeigt.
Den kaufe ich mir!
Wer jetzt zum Nissan GT-R greifen möchte, muss wie jedes Jahr einen gut gefüllten Geldbeutel vorweisen können. Als Einstiegspreis hat das japanische Unternehmen etwa 117’000 Franken anvisiert, je nach Ausstattung kann dieser Preis natürlich noch ein wenig klettern – aber dafür steht dann auch ein echter, grollender, schmutziger Rennwagen in der Garage.
Oberstes Bild: Der Nissan GT-R – eine Art Ferrari-Ersatz für den kleinen Mann (Bild: InsatiableWanderlust / Shutterstock.com)